Strafzettel aus dem Ausland – besser nicht ignorieren
Im europäischen Ausland zu schnell fahren, ohne dafür zu Hause belangt zu werden? Vorsicht – diese Zeiten sind längst vorbei!
EU-Bußgelder über 70 Euro können auch in Deutschland eingetrieben werden.
Wer ein Bußgeldbescheid aus dem Ausland erhält, sollte diesen nicht einfach wegwerfen, sondern sich damit auseinandersetzen und den Inhalt prüfen. Wenn man zu dem genannten Zeitpunkt in dem Land mit dem Auto unterwegs gewesen ist, ist davon auszugehen, dass das Schreiben echt ist und kein Betrug.
Die Durchsetzung in Deutschland wird durch das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) ermöglicht.
Danach können ausländische Behörden vom Bundesamt für Justiz (BfJ) die Vollstreckung eines Bußgeldbescheides in Deutschland fordern.
Das Gleiche ist natürlich umgekehrt möglich, sodass auch ausländische Verkehrssünder belangt werden können, die hierzulande einen Regelverstoß begangen haben.
Ein privates Inkassounternehmen aus einem anderen Mitgliedstaat kann keine Vollstreckung beim BfJ beantragen!
Trotzdem beauftragen viele Städte und Gemeinden EU-weit private Inkassounternehmen mit der Zustellung von Bußgeldbescheiden, z. B. wegen einer Geschwindigkeitsübertretung, dem Fahren in einer verkehrsberuhigten Zone oder eines Parkverstoßes. Diese Verfahrensweise ist für viele ausländische Behörden einfacher und auch nicht verboten. Lediglich die Unterstützung des BfJ bei der Vollstreckung kann im Inkassoverfahren nicht in Anspruch genommen werden.
Warum erhalte ich einen Bescheid einer ausländischen Behörde?
Das europäische System sieht vor, dass diejenige Behörde das Bußgeld einkassieren und behalten darf, die es vollstreckt. Das heißt, wird etwa ein französischer Bußgeldbescheid im Auftrag der französischen Behörde durch das Bundesamt für Justiz in Deutschland vollstreckt, bleibt das Geld in Deutschland. Dies und der administrative Aufwand machen es für die Behörden anderer Länder erst einmal unattraktiv, die Vollstreckung sofort an die deutsche Behörde abzugeben.
Einige Staaten schreiben die Verkehrssünder daher erst einmal selbst direkt an und fordern zur Zahlung auf. Oft bedienen sie sich dabei eines privaten Inkassounternehmens wie z. B. der Nivi SpA in Italien oder der Euro Parking Collection plc (EPC) in Großbritannien.
Wird nicht „freiwillig“ bezahlt, besteht für die ausländische Behörde immer noch die Möglichkeit, unabhängig vom Inkassobüro, einen Vollstreckungsantrag beim Bundesamt für Justiz (BfJ) zu stellen. In diesem Fall könnten für Sie weitere Gebühren anfallen.
Wie kommt die ausländische Behörde an meine Halterdaten?
Die rechtliche Grundlage dafür ist die sogenannte Verkehrsdelikte-Richtlinie.
Nach dieser muss das Kraftfahrtbundesamt in Deutschland die Halterdaten bei verschiedenen Verkehrsdelikten auch an ausländische Behörden herausgeben.
Parkverstöße gehören eigentlich nicht dazu, dennoch erfolgt auch hier in aller Regel ein Informationsaustausch.
Darüber hinaus kann grundsätzlich jedermann, und somit auch ein privates Inkassounternehmen, eine Halteranfrage beim Kraftfahrtbundesamt stellen. Voraussetzung hierfür ist, dass man ein berechtigtes Interesse darlegen kann, wie etwa die Durchsetzung eines Zahlungsanspruches wegen eines Verkehrsverstoßes.
Warum macht ein privates Inkassounternehmen die Forderung geltend?
Knöllchen für Parksünder oder Mautpreller sind in vielen EU-Staaten keine klassischen Bußgelder, die von öffentlichen Stellen verhängt werden. Vielmehr handelt es sich um private Forderungen, z. B. von Straßenbetriebsgesellschaften.
Wer keinen Parkschein löst oder die Maut nicht bezahlt, muss folglich kein Bußgeld bezahlen, sondern eine Vertragsstrafe.
Achtung: Es ist nicht immer klar ersichtlich, wann es sich um ein Bußgeld und wann um eine private Forderung handelt.
Die Unterscheidung ist wichtig: Bußgelder können mit Hilfe des Bundesamts für Justiz (BfJ) vollstreckt werden, private Forderungen hingegen nicht. Private Forderungen müssen über ein gerichtliches Mahnverfahren oder den Gang vor das Amtsgericht geltend gemacht werden.
Wegen unbezahlter Forderungen sind viele europäische Kommunen dazu übergegangen, private Inkassounternehmen mit der Eintreibung zu beauftragen, sei es für ein Bußgeld oder eine private Forderung. Und nicht selten ist die Inkassogebühr höher als die Forderung selbst.
Prüfen Sie also die Höhe der Gebühren! Die Kosten für die Ermittlung des Halters sind gesetzlich geregelt und liegen bei ca. fünf Euro.
Zusätzliche Mahngebühren sind nur zulässig, wenn Sie sich im Zahlungsverzug befinden. Normalerweise setzt dies voraus, dass Sie bereits einmal zur Zahlung aufgefordert wurden und dem nicht nachgekommen sind.
Es kann allerdings auch sein, dass Sie bereits mit der Nichtzahlung in Verzug geraten, z. B. wenn Sie die fällige Maut an der Mautstation nicht bezahlen. Im Zweifelsfall müsste das Inkassounternehmen oder der Auftraggeber den Verzug darlegen.
Ist der Strafzettel berechtigt, sollten Sie ihn also nicht einfach wegwerfen. Denn geraten Sie bei einem erneuten Aufenthalt in dem Land wieder in eine Verkehrskontrolle, müssen Sie eventuell draufzahlen. Darüber hinaus können Bußgelder über 70 Euro auch in Deutschland vollstreckt werden!
Bußgeldbescheid aus Italien, Frankreich, Großbritannien oder Schweden erhalten?
Über die folgenden Internetseiten erhalten Sie nähere Informationen über Strafgebühren aus einzelnen europäischen Ländern:
- Strafe für Vignettenverstoß in Österreich.
- Bußgeld wegen verkehrsberuhigter Zone (ZTL) in Italien
- Mahnung aus Italien wegen nicht gezahlter Autobahn-Maut
- Bußgeld aus Großbritannien, wegen unerlaubten Fahrens in Londoner Umweltzone (ULEZ, LEZ) oder weil City-Maut (Congestation Charge) nicht bezahlt wurde
- Strafgebühr aus Schweden wegen nicht gezahlter Umweltabgabe in Stockholm und Göteborg
- Zahlungsaufforderung wegen Geschwindigkeitsübertretung in Frankreich
Finanziert durch die Europäische Union. Die geäußerten Ansichten und Meinungen sind jedoch ausschließlich die des Autors / der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Union oder des Europäischen Innovationsrates und der Exekutivagentur für kleine und mittlere Unternehmen (EISMEA) wider. Weder die Europäische Union noch die Bewilligungsbehörde können dafür zur Verantwortung gezogen werden.