Reparieren statt wegwerfen: Wichtiges zum Recht auf Reparatur

Wenn ein Elektrogerät kaputtgeht, ist es derzeit oft einfacher und günstiger, es zu ersetzen, als es zu reparieren.

Um dem entgegenzuwirken, übermäßigen Konsum zu bekämpfen und die Ziele des „European Green Deal“ (Klimaneutralität der EU bis 2050) zu erreichen, will die Europäische Union die Reparatur von Produkten systematisch fördern.

Dazu hat die Europäische Kommission am 22. März 2023 einen Richtlinienvorschlag für ein Recht auf Reparatur vorgelegt. Der überarbeitete Vorschlag wurde am 23. April 2024 vom Europäischen Parlament angenommen.

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Zusammenfassung

  • 77% der EU-Bürgerinnen und -Bürger würden ihre Elektrogeräte lieber reparieren als sie wegzuwerfen.
  • Wir erklären, welche Pflichten sich aus der neuen Richtlinie für Verkäufer, Hersteller und Importeure ergeben.
  • Wir informieren anhand von Beispielen, was die EU-Länder bereits tun, um die Reparatur für Verbraucherinnen und Verbraucher attraktiv zu machen.

Was gilt für Gegenstände, die noch unter die gesetzliche Gewährleistung fallen?

Reparatur vor Austausch

Bei Waren, die innerhalb von zwei Jahren nach dem Kauf in der EU einen Mangel aufweisen, können Verbraucherinnen und Verbraucher im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung vom Verkäufer die Reparatur oder den Austausch der Ware verlangen.

Wenn beides nicht möglich ist, die Erstattung des Kaufpreises.

Die im April 2024 verabschiedete Richtlinie sieht vor, dass bei Produkten, die noch unter die Gewährleistung fallen, die kostenlose Reparatur Vorrang vor dem Austausch hat: Entscheidet sich der Verbraucher für die Reparatur, hat er noch mindestens 12 Monate Gewährleistung.

Was gilt, wenn die gesetzliche Gewährleistung nicht greift?

Reparaturpflicht des Herstellers

Für defekte Geräte, die nicht mehr unter die Gewährleistung fallen, sieht die Richtlinie grundsätzlich eine Reparaturpflicht des Herstellers vor. Oder, wenn dieser seinen Sitz nicht in der EU hat, für den Importeur.

Dies gilt jedoch nur für bestimmte Produktkategorien (z.B. Kühlschränke, Waschmaschinen, Smartphones, Fernsehgeräte) und unter der Voraussetzung, dass die Reparatur tatsächlich möglich ist.

Wie lange nach dem Kauf eine Reparatur angeboten werden muss, hängt von der Art des Produkts ab und wird voraussichtlich zwischen 5 und 10 Jahren liegen.

Die Reparaturkosten sind in jedem Fall vom Käufer zu tragen, dürfen aber nicht unangemessen hoch sein.

Außerdem dürfen die Hersteller grundsätzlich keine Vertragsklauseln, Software oder Hardware mehr verwenden, die eine Reparatur verhindern.

Weitere Neuerungen für die Verbraucher

Damit die Verbraucherinnen und Verbraucher leichter eine Reparaturwerkstatt finden, wird es eine europäische Online-Plattform geben, auf der sie Werkstätten und Reparaturcafés finden können.

Schließlich wird ein europaweit einheitliches Formular eingeführt, das die Verbraucherinnen und Verbraucher über den Preis und die Bedingungen der Reparatur informiert und den Wettbewerb fördern soll.  Dem Reparateur steht es frei, das Formular vor der Reparatur auszuhändigen.

Ab wann gelten die neuen Regeln?

Der Rat muss dem Gesetz auch noch formell zustimmen, aber das ist nur noch Formsache. Danach haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, die Regelungen in ihr nationales Recht umzusetzen.

Einschätzung des Europäischen Verbraucherzentrums

Das neue Gesetz ist ein wichtiger erster Schritt in Richtung „Recht auf Reparatur“.

Aus Sicht des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ) Deutschland geht es jedoch an einigen Stellen nicht weit genug. Vor allem gilt die Reparaturpflicht nur für Produkte, die von separaten Ökodesign-Verordnungen erfasst werden.

Ein großer Teil der verkauften Elektrogeräte sind aber Produkte, die gerade nicht unter eine solche Verordnung fallen, z. B. Kaffeemaschine, Toaster oder E-Scooter. Für diese gilt die Verpflichtung also weiterhin nicht. Dies ist nachteilig für Verbraucher und Umwelt.

Was tun die EU-Länder, um Reparaturen zu fördern? Hier einige Beispiele*

Belgien hat den Mehrwertsteuersatz für kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche auf 6 % gesenkt.

Deutschland hat die Ökodesign-Richtlinie umgesetzt, die die Lieferung von Ersatzteilen innerhalb einer bestimmten Frist vorschreibt.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen beim Kauf auch darüber informiert werden, welche Mängel am Produkt auftreten können, ob und wie das Produkt repariert werden kann und wie viel die Reparatur kostet.

Gewerbetreibende sind verpflichtet, mehr zu recyceln, weniger Abfall zu produzieren und alte elektronische Geräte unter bestimmten Bedingungen zurückzunehmen. Auch dürfen sie zurück gesandte Produkte, die fast wie neu sind, nicht mehr vernichten.

Das finnische Verbraucherschutzgesetz sieht vor, dass ein Produkt fehlerhaft ist, wenn seine Lebensdauer kürzer ist, als man vernünftigerweise erwarten kann.

Der Gewerbetreibende kann daher gezwungen sein, das Produkt auch mehrere Jahre nach dem Verkauf zu reparieren. Diese Maßnahme ermutigt ihn dazu, Ersatzteile für einen relativ langen Zeitraum verfügbar zu halten.

Informationspflicht über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen

Seit 2022 sind die Verkäuferinnen und Verkäufer dazu verpflichtet, über die (Nicht-)Verfügbarkeit, von Ersatzteilen zu informieren. Werden keine Informationen gegeben, wird davon ausgegangen, dass die Ersatzteile nicht verfügbar sind. Auf dieser Basis kann der Verbraucher dann seine Kaufentscheidung treffen.

Der Hersteller oder Importeur hat 15 Tage Zeit, um die Ersatzteile zu liefern. 

Für bestimmte Elektrogeräte müssen Ersatzteile mindestens 5 Jahre nach dem Inverkehrbringen des Produkts verfügbar sein. 

Für die Reparatur bestimmter Geräte dürfen gebrauchte Ersatzteile verwendet werden.

Jede Maßnahme, einschließlich Software, die es unmöglich macht, dass ein Gerät von einer anderen als der vom Hersteller autorisierten Reparaturwerkstatt repariert oder wiederaufgearbeitet werden kann, ist verboten.

Jede Geschäftspraxis, die den Zugang einer Reparaturwerkstatt zu Ersatzteilen, Bedienungsanleitungen, technischen Informationen oder anderen Werkzeugen, Geräten oder Software, die die Reparatur des Produkts ermöglichen, einschränkt, ist verboten
 

Verpflichtender Reparatur-Index

Seit dem 1. Januar 2021 muss für bestimmte Gruppen von Haushalts- und Elektronikgeräten (u. a. Waschmaschinen, Smartphones, Laptops, Fernseher, Elektrorasenmäher) ein Reparatur-Index angegeben werden.

Dieser Index gibt Auskunft über die Reparaturfähigkeit des jeweiligen Produkts

Unabhängig davon, ob Sie diese Produkte in einem Geschäft in Frankreich oder über das Internet kaufen, muss der Reparatur-Index auf dem Produkt oder seiner Verpackung und am Verkaufsort oder neben dem Preis beim Online-Verkauf auf einer französischen oder ausländischen Website, die sich an französische Verbraucherinnen und Verbraucher richtet, angegeben werden. 

Mehr Informationen zum Reparatur-Index.
 

Sichtbarkeit von Reparaturwerkstätten

Das zuständige französische Ministerium stellt Informationen auf seiner Webseite zur Verfügung, auf der Sie einen Fachmann finden können, der Produkte repariert, recycelt, zurückkauft oder eine andere Lösung anbietet, um die Nutzungsdauer von Produkten zu verlängern.

Die Website bietet auch praktische Tipps für verantwortungsbewusstes Einkaufen, Werkzeuge oder Gegenstände, die man mit seinen Nachbarn teilen kann und vieles mehr.
 

Verlängerung der Garantie

Um die Reparatur statt des Austausches defekter Produkte zu fördern, wird die Verjährung der gesetzlichen Gewährleistungsrechte während der Zeit der Reparatur Ihres Geräts ausgesetzt oder aber um 6 Monate verlängert, wenn Sie sich für eine Reparatur entscheiden.

Tauscht der Verkäufer das Gerät aus, anstatt es wie von Ihnen gewünscht zu reparieren, verlängert sich die Geltungsdauer der Gewährleistungsrechte sogar um 2 Jahre.
 

Verbot von geplanter Obsoleszenz

Geplante Obsoleszenz ist definiert als "der Einsatz von Techniken, mit denen der für das Inverkehrbringen eines Produktes Verantwortliche dessen Lebensdauer bewusst verkürzen will, um die Austauschrate zu erhöhen" (Artikel L.441-2 des Verbraucherschutzgesetzes).

Geplante Obsoleszenz gilt als Täuschung, die mit bis zu zwei Jahren Haft und 300.000 € Geldstrafe geahndet werden kann (Art. L 454-6 des Verbraucherschutzgesetzes).
 

Reparaturbonus

Um die Höhe der von den Verbrauchern zu zahlende Reparaturkosten zu reduzieren, hat Frankreich einen Reparaturbonus eingerichtet. 

Die finanzielle Unterstützung wird für in Frankreich gekaufte Elektro- und Elektronikgeräte gewährt, die nicht mehr unter die gesetzliche Garantie oder Gewährleistung fallen.

Der Bonus beträgt je nach Art des Gerätes zwischen 10 und 45 Euro, 

Die Verkäuferin bzw. der Verkäufer muss die Bereitstellung von Ersatzteilen während der geschätzten Lebensdauer des Produkts sicherstellen.

Es gibt keine Informationspflicht über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, doch die Verkäuferin bzw. der Verkäufer muss die Verbraucherin bzw. den Verbraucher informieren, wenn die Waren nicht mehr hergestellt werden.

In Irland sind die Verkäuferinnen bzw. die Verkäufer nicht verpflichtet, die Verbraucherinnen und Verbraucher über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen zu informieren.

Sofern der Verkäufer oder die Verkäuferin jedoch im Angebot, der Werbung oder einer Beschreibung des Produkts damit wirbt, dass Ersatzteile und ein angemessener Kundendienst für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellt werden, kann sich der Verbraucher darauf berufen.

Der Mehrwertsteuersatz für kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche wurde auf 13,5 % gesenkt.

Kroatien hat die Ökodesign-Richtlinie umgesetzt, die die Lieferung von Ersatzteilen innerhalb einer bestimmten Frist vorschreibt.

Die Verkäuferin bzw. der Verkäufer muss Ersatzteile für technische Produkte und Fahrzeuge während der Geltungsdauer der Herstellergarantie bereitstellen.

Luxemburg hat den Mehrwertsteuersatz auf 8 % für kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche gesenkt.

Wenn in Malta Produkte gewartet oder Teile ausgetauscht werden müssen, muss dies innerhalb eines angemessenen Zeitraums ab dem Lieferdatum möglich sein.

Außerdem gilt in Malta ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz von 5 % für kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche.

Die Niederlande haben den Mehrwertsteuersatz für kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche auf 9 % gesenkt.

Um Elektroschrott zu bekämpfen, hat Österreich Reparaturgutscheine eingeführt.

Verbraucherinnen und Verbraucher, die ihre Altgeräte (einschließlich Smartphones) reparieren lassen wollen, können diese Gutscheine bekommen, die die Hälfte der Reparaturkosten bis zu einem Höchstbetrag von 200 Euro abdecken. 

Polen hat, je nach Produkt (Waschmaschinen, Kühlgeräte, Monitore etc.), seit 1. April 2021 ein Recht auf Reparatur mit einer Ersatzteilpflicht für 7 bis 10 Jahre, eingeführt.

Polen wendet außerdem einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 8 % auf kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche an.

Die Herstellerfirma ist verpflichtet, Ersatzteile ab dem Datum des Inverkehrbringens 10 Jahre lang zu liefern.

Portugal wendet einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 6 % auf kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche an.

Die Herstellerfirma muss während der geschätzten Lebensdauer des Produkts Ersatzteile bereitstellen.

In Slowenien müssen Verkäuferinnen und Verkäufer bei Vertragsabschluss eine spezielle Garantie für bestimmte technische Güter geben, die Montage- und Gebrauchsanweisungen enthält und sie dazu verpflichtet, während der Garantiezeit kostenlos für die Behebung von Mängeln zu sorgen.

Das Herstellerunternehmen muss außerdem mindestens drei Jahre lang nach Ablauf der Garantiezeit gegen Bezahlung die Produkte reparieren und Ersatzteile liefern.

Dieser Kundendienst wird vom Hersteller selbst oder von einem Dritten erbracht.

Schließlich wendet Slowenien einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 9,5 % auf kleine Reparaturdienstleistungen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche an.

Die Herstellerfirmen müssen Ersatzteile bereithalten und 10 Jahre lang nach Ende der Herstellung des Produkts einen technischen Service anbieten

Schweden hat die Mehrwertsteuer für die Reparatur von Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche von 25 % auf 12 % gesenkt.

Bei großen Elektrogeräten dürfen Handwerker Reparaturen 50 % unter den tatsächlichen Kosten anbieten, die Preisdifferenz wird vom Staat bezahlt.

Schwedische Verbraucherinnen und Verbraucher können ebenfalls eine Steuerermäßigung von 50 % erhalten, wenn sie nachweisen können, dass sie Reparaturen an Kleidung, Vorhängen und Bettwäsche durchgeführt haben, aber auch eine Reparatur, Installation oder Wartung von IT-Geräten (Computer, Tablet-PC, Spielkonsole, Fernseher, Smartphone) zu Hause durchgeführt haben, sowie eine Aktualisierung oder Installation von Betriebssystemen und Computerprogrammen.

* Die Informationen in unserer Länderliste stammen aus einer Umfrage im Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren und wurden zuletzt im April 2023 aktualisiert. 

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