Reparieren statt wegwerfen: Wichtiges zum Recht auf Reparatur
Wenn ein Elektrogerät kaputtgeht, ist es derzeit oft einfacher und günstiger, es zu ersetzen, als es zu reparieren.
Um dem entgegenzuwirken, übermäßigen Konsum zu bekämpfen und die Ziele des „European Green Deal“ (Klimaneutralität der EU bis 2050) zu erreichen, will die Europäische Union die Reparatur von Produkten systematisch fördern.
Dazu hat die Europäische Kommission am 22. März 2023 einen Richtlinienvorschlag für ein Recht auf Reparatur vorgelegt.
Der überarbeitete Vorschlag wurde vom Europäischen Parlament und dem Rat angenommen und ist am 1. Juli 2024 in Kraft getreten.
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Zusammenfassung
- 77 % der EU-Bürgerinnen und -Bürger würden ihre Elektrogeräte lieber reparieren, als sie wegzuwerfen. (Quelle: Eurobarometer-Umfrage).
- Wir erklären, welche Pflichten sich aus der neuen Richtlinie für Verkäufer, Hersteller und Importeure ergeben.
- Wir informieren anhand von Beispielen, was die EU-Länder bereits tun, um die Reparatur für Verbraucherinnen und Verbraucher attraktiv zu machen.
Was gilt für Gegenstände, die noch unter die gesetzliche Gewährleistung fallen?
Reparatur vor Austausch
Bei Waren, die innerhalb von zwei Jahren nach dem Kauf in der EU einen Mangel aufweisen, können Verbraucherinnen und Verbraucher im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung vom Verkäufer die Reparatur oder den Austausch der Ware verlangen.
Wenn beides nicht möglich ist, die Erstattung des Kaufpreises.
Die nun verabschiedete Richtlinie sieht vor, dass bei Produkten, die noch unter die Gewährleistung fallen, die kostenlose Reparatur Vorteile gegenüber dem Austausch hat: Entscheidet sich der Verbraucher für die Reparatur, verlängert sich die Gewährleistung um zwölf Monate.
Was gilt, wenn die gesetzliche Gewährleistung nicht greift?
Reparaturpflicht des Herstellers
Für defekte Geräte, die nicht mehr unter die Gewährleistung fallen, sieht die Richtlinie grundsätzlich eine Reparaturpflicht des Herstellers vor. Oder, wenn dieser seinen Sitz nicht in der EU hat, für den Importeur.
Dies gilt derzeit jedoch nur für die folgenden Produktgruppen und unter der Voraussetzung, dass eine Reparatur tatsächlich möglich ist:
- Haushaltswaschmaschinen und Haushaltswaschtrockner, (EU) 2019/2023
- Haushaltsgeschirrspüler, (EU) 2019/2022
- Kühlgeräte, (EU) 2019/2021
- Elektronische Displays (z. B. Monitore, Fernseher), (EU) 2019/2021
- Schweißgeräte, (EU) 2019/1784
- Staubsauger, (EU) No 666/2013
- Server und Datenspeicherprodukte, (EU) 2019/424
- Smartphones, Mobiltelefone, schnurlose Telefone, Tablets, (EU) 2023/1670
- Haushaltswäschetrockner, (EU) 2023/2533)
- Batterien für leichte Transportmittel, (EU) 2023/1542
Wie lange nach dem Kauf eine Reparatur angeboten werden muss, hängt von der Art des Produkts ab und wird voraussichtlich zwischen 5 und 10 Jahren liegen.
Die Reparaturkosten sind in jedem Fall vom Käufer zu tragen, dürfen aber nicht unangemessen hoch sein.
Außerdem dürfen die Hersteller grundsätzlich keine Vertragsklauseln, Software oder Hardware mehr verwenden, die eine Reparatur verhindern.
Weitere Neuerungen für die Verbraucher
Damit die Verbraucherinnen und Verbraucher leichter eine Reparaturwerkstatt finden, wird es eine europäische Online-Plattform geben, auf der sie Werkstätten und Reparaturcafés finden können.
Schließlich wird ein europaweit einheitliches Formular eingeführt, das die Verbraucherinnen und Verbraucher über den Preis und die Bedingungen der Reparatur informiert und den Wettbewerb fördern soll. Dem Reparateur steht es frei, das Formular vor der Reparatur auszuhändigen.
Ab wann gelten die neuen Regeln?
Die Mitgliedsstaaten haben zwei Jahre Zeit, die Regeln in nationales Recht umzusetzen. Die entsprechende Frist endet am 31. Juli 2026.
Einschätzung des Europäischen Verbraucherzentrums
Das neue Gesetz ist ein wichtiger erster Schritt in Richtung „Recht auf Reparatur“.
Aus Sicht des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ) Deutschland geht es jedoch an einigen Stellen nicht weit genug. Vor allem gilt die Reparaturpflicht außerhalb der Gewährleistung nur für Produkte, die von gesonderten Ökodesign-Verordnungen erfasst werden.
Ein großer Teil der verkauften Elektrogeräte sind aber Produkte, die gerade nicht unter eine solche Verordnung fallen, z. B. Kaffeemaschine, Toaster oder Kopfhörer. Für diese gilt die Verpflichtung also weiterhin nicht. Dies ist nachteilig für Verbraucher und Umwelt.
Was tun die EU-Länder, um Reparaturen zu fördern? Hier einige Beispiele*
Belgien hat den Mehrwertsteuersatz für kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche auf 6 % gesenkt.
Deutschland hat die Ökodesign-Richtlinie umgesetzt, die die Lieferung von Ersatzteilen innerhalb einer bestimmten Frist vorschreibt.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen beim Kauf auch darüber informiert werden, welche Mängel am Produkt auftreten können, ob und wie das Produkt repariert werden kann und wie viel die Reparatur kostet.
Der Handel ist verpflichtet, mehr zu recyceln, weniger Abfall zu produzieren und alte Elektrogeräte unter bestimmten Bedingungen zurückzunehmen. Außerdem dürfen sie zurückgegebene Produkte, die fast neuwertig sind, nicht mehr vernichten.
Das finnische Verbraucherschutzgesetz bestimmt, dass ein Produkt fehlerhaft ist, wenn es eine kürzere Lebensdauer hat, als vernünftigerweise zu erwarten wäre.
Der Gewerbetreibende kann daher gezwungen sein, das Produkt auch noch mehrere Jahre nach dem Verkauf zu reparieren. Dies schafft einen Anreiz, Ersatzteile über einen relativ langen Zeitraum vorrätig zu halten.
Informationspflicht über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen
Seit 2022 sind die Verkäuferinnen und Verkäufer dazu verpflichtet, über die (Nicht-)Verfügbarkeit, von Ersatzteilen zu informieren. Erfolgt keine Information, wird davon ausgegangen, dass die Ersatzteile nicht verfügbar sind. Auf dieser Grundlage können Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Kaufentscheidung treffen.
Der Hersteller oder Importeur hat 15 Tage Zeit, um die Ersatzteile zu liefern.
Für bestimmte Elektrogeräte müssen Ersatzteile mindestens 5 Jahre nach dem Inverkehrbringen des Produkts verfügbar sein.
Für die Reparatur bestimmter Geräte dürfen gebrauchte Ersatzteile verwendet werden.
Jede Maßnahme, einschließlich Software, die es unmöglich macht, dass ein Gerät von einer anderen als der vom Hersteller autorisierten Reparaturwerkstatt repariert oder wiederaufgearbeitet werden kann, ist verboten.
Jede Geschäftspraxis, die den Zugang einer Reparaturwerkstatt zu Ersatzteilen, Bedienungsanleitungen, technischen Informationen oder anderen Werkzeugen, Geräten oder Software, die die Reparatur des Produkts ermöglichen, einschränkt, ist verboten.
Verpflichtender Reparatur-Index
Seit dem 1. Januar 2021 muss für bestimmte Gruppen von Haushalts- und Elektronikgeräten (u. a. Waschmaschinen, Smartphones, Laptops, Fernseher, Elektrorasenmäher) ein Reparatur-Index angegeben werden.
Dieser Index gibt Auskunft über die Reparaturfähigkeit des jeweiligen Produkts
Unabhängig davon, ob Sie diese Produkte in einem Geschäft in Frankreich oder über das Internet kaufen, muss der Reparatur-Index auf dem Produkt oder seiner Verpackung und am Verkaufsort oder neben dem Preis beim Online-Verkauf auf einer französischen oder ausländischen Website, die sich an französische Verbraucherinnen und Verbraucher richtet, angegeben werden.
Sichtbarkeit von Reparaturwerkstätten
Das zuständige französische Ministerium stellt Informationen auf seiner Webseite zur Verfügung, auf der Sie einen Fachmann finden können, der Produkte repariert, recycelt, zurückkauft oder eine andere Lösung anbietet, um die Nutzungsdauer von Produkten zu verlängern.
Die Website bietet auch praktische Tipps für verantwortungsbewusstes Einkaufen, Werkzeuge oder Gegenstände, die man mit seinen Nachbarn teilen kann und vieles mehr.
Verlängerung der Garantie
Um die Reparatur statt des Austauschs defekter Produkte zu fördern, wird die Verjährung der gesetzlichen Gewährleistungsrechte während der Zeit der Reparatur Ihres Geräts ausgesetzt oder aber um 6 Monate verlängert, wenn Sie sich für eine Reparatur entscheiden.
Tauscht der Verkäufer das Gerät aus, anstatt es wie von Ihnen gewünscht zu reparieren, verlängert sich die Geltungsdauer der Gewährleistungsrechte sogar um 2 Jahre.
Verbot von geplanter Obsoleszenz
Geplante Obsoleszenz ist definiert als "der Einsatz von Techniken, mit denen der für das Inverkehrbringen eines Produktes Verantwortliche dessen Lebensdauer bewusst verkürzen will, um die Austauschrate zu erhöhen" (Artikel L.441-2 des Verbraucherschutzgesetzes).
Geplante Obsoleszenz gilt als Täuschung, die mit bis zu zwei Jahren Haft und 300.000 € Geldstrafe geahndet werden kann (Art. L 454-6 des Verbraucherschutzgesetzes).
Reparaturbonus
Um die Höhe der von den Verbrauchern zu zahlende Reparaturkosten zu reduzieren, hat Frankreich einen Reparaturbonus eingerichtet.
Die finanzielle Unterstützung wird für in Frankreich gekaufte Elektro- und Elektronikgeräte gewährt, die nicht mehr unter die gesetzliche Garantie oder Gewährleistung fallen.
Der Bonus beträgt je nach Art des Gerätes zwischen 10 und 45 Euro.
Die Verkäuferin bzw. der Verkäufer muss die Bereitstellung von Ersatzteilen während der geschätzten Lebensdauer des Produkts sicherstellen.
Es gibt keine Informationspflicht über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, aber der Verkäufer muss den Verbraucher informieren, wenn die Ware nicht mehr hergestellt wird.
In Irland ist der Verkäufer oder die Verkäuferin nicht verpflichtet, den Verbraucher oder die Verbraucherin über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen zu informieren.
Sofern die Verkäuferinnen bzw. Verkäufer jedoch im Angebot, in der Werbung oder in der Produktbeschreibung angeben, dass Ersatzteile und ein angemessener Kundendienst für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stehen, können sich die Verbraucherinnen und Verbraucher darauf berufen.
Der Mehrwertsteuersatz für kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche wurde auf 13,5 % gesenkt.
Kroatien hat die Ökodesign-Richtlinie umgesetzt, die die Lieferung von Ersatzteilen innerhalb einer bestimmten Frist vorschreibt.
Die Verkäuferin bzw. der Verkäufer muss Ersatzteile für technische Produkte und Fahrzeuge während der Geltungsdauer der Herstellergarantie bereitstellen.
Luxemburg hat den Mehrwertsteuersatz auf 8 % für kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche gesenkt.
Wenn in Malta Produkte gewartet oder Teile ausgetauscht werden müssen, muss dies innerhalb eines angemessenen Zeitraums ab dem Lieferdatum möglich sein.
Außerdem gilt in Malta ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz von 5 % für kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche.
Die Niederlande haben den Mehrwertsteuersatz für kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche auf 9 % gesenkt.
Zur Bekämpfung von Elektroschrott hat Österreich Reparaturgutscheine eingeführt.
Verbraucherinnen und Verbraucher, die ihre Altgeräte (einschließlich Smartphones) reparieren lassen wollen, können diese Gutscheine erhalten, die die Hälfte der Reparaturkosten bis zu einem Höchstbetrag von 200 Euro abdecken.
Mehr zum Reparaturbonus in Österreich unter oesterreich.gv.at
Polen hat ab dem 1. April 2021 je nach Produkt (Waschmaschinen, Kühlschränke, Monitore usw.) ein Reparaturrecht mit Ersatzteilverpflichtung für 7 bis 10 Jahre eingeführt.
Polen wendet außerdem einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 8 % auf kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche an.
Der Hersteller ist verpflichtet, Ersatzteile für einen Zeitraum von 10 Jahren ab dem Datum des Inverkehrbringens zu liefern.
Portugal wendet auf kleine Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 6 % an.
Der Hersteller ist verpflichtet, für die geschätzte Lebensdauer des Produkts Ersatzteile zur Verfügung zu stellen.
In Slowenien muss der Verkäufer/die Verkäuferin bei Vertragsabschluss für bestimmte technische Güter eine besondere Garantie mit Montage- und Gebrauchsanweisung aushändigen und sich verpflichten, während der Garantiezeit Mängel kostenlos zu beheben.
Außerdem muss der Hersteller mindestens drei Jahre lang nach Ablauf der Garantiezeit die Produkte gegen Entgelt reparieren und Ersatzteile liefern.
Der Kundendienst kann vom Hersteller selbst oder von einem Dritten erbracht werden.
Schließlich wendet Slowenien einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 9,5 % auf kleine Reparaturleistungen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Bekleidung und Haushaltswäsche an.
Die Herstellerfirmen müssen Ersatzteile vorrätig halten und für einen Zeitraum von 10 Jahren nach Produktionsende technischen Service anbieten.
Schweden hat die Mehrwertsteuer für die Reparatur von Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche von 25 % auf 12 % gesenkt.
Bei Elektrogroßgeräten dürfen Handwerker Reparaturen 50 % unter den tatsächlichen Kosten anbieten, die Preisdifferenz wird vom Staat übernommen.
Schwedische Verbraucherinnen und Verbraucher können ebenfalls eine Steuerermäßigung von 50 % erhalten, wenn sie nachweisen können, dass sie Reparaturen an Kleidung, Vorhängen und Bettwäsche durchgeführt haben. Gleiches gilt für die Reparatur, Installation oder Wartung von IT-Geräten (Computer, Tablet-PC, Spielkonsole, Fernseher, Smartphone) zu Hause sowie für die Aktualisierung oder Installation von Betriebssystemen und Computerprogrammen.
* Die Informationen in unserer Länderliste stammen aus einer Umfrage im Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren und wurden zuletzt im April 2023 aktualisiert.
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Links zum Thema
- FAQ Recht auf Reparatur - Website des BMUV
- Recht auf Reparatur - Internetseite der EU Kommission