Probleme mit Unternehmen und Dienstleistern aus dem EU-Ausland: Wie gehe ich vor?

Das Hotelzimmer in Luxemburg war schmutzig? Das Festival in Antwerpen ist ausgefallen? Oder Sie haben eine Handwerkerin aus Stettin zu sich nach Hause bestellt und diese führt die Arbeit fehlerhaft aus? Transport, Erstattung, Gewährleistung, Garantie oder Mangel – Was können Sie bei einer Streitigkeit mit dem Unternehmen tun?

Verbraucherrechte durchsetzen: Erster Schritt

Kontaktieren Sie das Unternehmen (schriftlich) und setzen Sie, wenn nötig, eine Frist für Ihre Forderungen (Lieferung, Erfüllung, usw.)

Tipp: Wo sitzt das Unternehmen? Kontakt- und Adressdaten finden Sie im Impressum auf der Webseite.

 

  • Ist das erfolglos? Dann:

Verbraucherrechte durchsetzen: Zweiter Schritt

Kostenlose Möglichkeiten nutzen:

 

1. Beschwerde beim Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland


Das Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren (EVZ) unterstützt Verbraucherinnen und Verbraucher in ganz Europa. Wenn Ihre eigenen Bemühungen gegenüber einem Unternehmen erfolglos waren, können Sie sich mit Ihrer Beschwerde an das EVZ wenden. Unsere Juristinnen und Juristen prüfen die Rechtslage und kontaktieren das EVZ im Land des Unternehmens. Dieses kontaktiert wiederum das Unternehmen in der Landessprache für Sie.

 

2. Schlichtung:


Bevor ein, möglicherweise kostspieliges, gerichtliches Verfahren eingeleitet wird, sollte man an Schlichtung denken. Dabei wird versucht, eine einvernehmliche Lösung zwischen Ihnen und dem Unternehmen zu finden. Das Ergebnis kann eine verbindliche Entscheidung, ein Einigungsvorschlag oder ein Vergleich sein. Eine anschließende Klage bei Abbruch oder Erfolglosigkeit des Schlichtungsverfahrens bleibt auch in diesem Fall weiterhin möglich.

Die Verfahren werden oft online durchgeführt und sind auch deshalb gegenüber einem Gerichtsverfahren regelmäßig kostengünstiger (häufig auch kostenlos) und mit geringerem Zeitaufwand durchführbar. In Europa sind mehrere hundert Einrichtungen als neutrale Schlichtungsstellen tätig, darunter viele sogenannte von der EU anerkannte Schlichtungsstellen. Das sind Stellen, die einheitlich gewisse Mindeststandards der Europäischen Kommission erfüllen.

Wurde der Vertrag im Internet geschlossen? Dann hilft die Europäische Plattform für Online-Streitbeilegung, um Kontakt mit der richtigen Schlichtungsstelle aufzunehmen.

 

Bitte beachten Sie: Die Plattform wird zum 20. Juli 2025 eingestellt. Bis zum 19. Juli 2025 können Sie die Plattform noch nutzen. Neue Fälle können Sie jedoch seit dem 20. März dort nicht mehr einstellen.

 

Die Kontaktstelle für Online-Streitbeilegung unterstützt Sie aber auch weiterhin bei Schlichtungsverfahren und hilft unter anderem bei der Auswahl einer passenden Schlichtungsstelle.

 

  • Ist auch eine Schlichtung erfolglos? Dann: 

Dritter Schritt: Gerichtliche Durchsetzung Ihrer Verbraucherrechte

Sollten Sie mit Ihrer Europäischen Verbraucherbeschwerde keinen Erfolg haben, können Sie immer noch als Alternative zur Klage ein Europäisches Gerichtsverfahren einleiten. Hierzu gibt es folgende vereinfachte Verfahren:

  • Europäisches Mahnverfahren (EPO): Sie möchten eine Geldforderung in einem anderen EU-Land geltend machen. Zum Beispiel wenn sie nach einem Widerruf die Ware zurückgeschickt haben, den Kaufpreis vom Unternehmen jedoch nicht zurückbekommen haben.
  • Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen (ESCP): Bei grenzüberschreitenden Forderungen von bis zu 5.000 Euro. Es kann sowohl für Geldforderungen als auch für Ansprüche auf Entschädigung z. B. bei Fluggastrechten oder Schadenersatz.

 

Kontaktieren Sie uns über unser Kontaktformular.

Gesetzeswidrige Geschäftspraktiken verfolgen: Kollektive Rechtsdurchsetzung

Ungewollte Werbeanrufe, irreführende Preisangaben, versteckte Kosten oder Abos, falsche Gesundheitsversprechen oder unfaire Vertragsbedingungen im Kleingedruckten: Die meisten Betroffenen werden in solchen Fällen keine rechtlichen Schritte einleiten, da sie Aufwand und Kosten scheuen. Doch neben dem finanziellen Schaden, den Verbraucherinnen und Verbraucher erleiden, nimmt meist auch das Vertrauen in den Binnenmarkt Schaden. Der tatsächliche Schaden für die betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher ist meist nur moralisch.

Aber: Geht niemand gegen solche gesetzeswidrigen Geschäftspraktiken vor, bestehen diese meist fort. Und die Unternehmen kommen damit durch. So könnten Verstöße gegen Verbraucherrechte weiter bestehen bleiben und zur Beeinträchtigung von Verbraucherinteressen führen.

Eine Rechtsdurchsetzung im kollektiven Verbraucherinteresse soll das Marktgleichgewicht wiederherstellen. Und erlaubt zudem bestimmten, sogenannten qualifizierten Einrichtungen, im Interesse einer Vielzahl (möglicher) geschädigter Verbraucherinnen und Verbraucher gegen unlauter handelnde Unternehmen vorzugehen.

CPC-Netzwerk

Die sogenannte Consumer Protection Cooperation (CPC) ist ein europäisches Netzwerk von Behörden, das bei der Durchsetzung von Verbraucherrechten zusammenarbeitet. Wenn Verbraucherrechte verletzt werden, können nationale Behörden aktiv werden. Besonders wenn die Interessen vieler Verbraucherinnen und Verbraucher eines Landes durch ein Unternehmen aus einem anderen Land gefährdet sind. So profitieren Verbraucherinnen und Verbraucher von der Behebung solcher Verstöße, können jedoch keine Entschädigung in Ihrem eigenen Fall verlangen.

In Deutschland sind verschiedene Einrichtungen daran beteiligt, Verbraucherrechte durchzusetzen und zu wahren. Darunter das Bundesministerium der Justiz (BMJ), das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), sowie private Organisationen wie der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. und die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. Diese Einrichtungen koordinieren zusammen mit ausländischen Behörden Maßnahmen, um Rechtsverletzungen zu stoppen. Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland ist Ansprechpartner bei grenzüberschreitenden Fällen innerhalb der EU.

Sammelklagen – Welche Möglichkeiten gibt es kollektiv gegen Rechtsverstöße vorzugehen?

Unterlassungsklagen

Die Verbandsklagenrichtlinie sieht vor, dass in Europa sogenannte qualifizierte Einrichtungen bei Verstößen gegen Verbraucherrechte Unterlassung verlangen können, manche Einrichtungen auch außerhalb ihres Landes.

In Deutschland sind (Verbraucher-)Verbände nach dem Unterlassungsklagen-Gesetz berechtigt, gegen Verstöße im Bereich des Verbraucher- aber auch des Lauterkeitsrechts vorzugehen und das Unterlassen gesetzeswidriger Praktiken zu erwirken.

In der Regel können Verstöße ausländischer Unternehmen auch vor deutschen Gerichten verfolgt werden, wenn diese sich in Deutschland auswirken.

 

Verbandsklagen

Manche Verbraucherverbände können auch für eine Gruppe von betroffenen Verbraucherinnen und Verbrauchern klagen. Solche Verbände sind etwa der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., die Verbraucherzentralen der einzelnen Bundesländer und auch das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz (ZEV). Das ZEV ist hierbei die derzeit einzige Einrichtung in Deutschland, die auch im EU-Ausland klageberechtigt ist.

 

In Deutschland gibt es zwei Verfahrensarten:

  • In einem Musterfeststellungsverfahren kann eine grundsätzliche Rechtsfrage geklärt werden, sodass dieses eine Art Wegweiser für die späteren Klagen der konkret betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher ist. Hierfür müssen sich die Betroffenen vorab in einem Klageregister das vom Bundesamt für Justiz geführt wird anmelden. Die Musterfeststellungsklage ersetzt nicht die Klagen der einzelnen Verbraucherinnen und Verbraucher. Trotzdem bietet das Urteil eine gewisse Sicherheit, weil für die eigene Klage relevante Fragen bereits gerichtlich geklärt wurden.
  • Mit einer Abhilfeklage klagt der Verbraucherverband direkt auf eine Leistung des Unternehmens an die betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher. Das hat den großen Vorteil, dass diese nicht mehr selbst klagen müssen. Dabei muss es sich allerdings um fast identische Fälle handeln, damit alle in einem Urteil behandelt werden können. Die Abhilfeklage ist noch ein recht neues Verfahren. Es muss sich noch in der Praxis zeigen, für welche Fallgruppen sie sich eignet. Auch hier ist eine Anmeldung im Verbandsklageregisternötig.

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