Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen

Lesezeit: 4 Minuten

Mit dem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen (englisch: European Small Claim Procedure, kurz: Small Claims) haben Sie die Möglichkeit, Forderungen bei grenzüberschreitenden Fällen bis 5.000 Euro durchzusetzen.

Small Claims eignen sich insbesondere bei Ansprüchen auf Entschädigung oder Schadensersatz sowie bei Geldforderungen.

Das Verfahren ist kostengünstiger und schneller als ein Klageverfahren und auch ohne anwaltliche Hilfe möglich.

Zusammenfassung: Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen

  • Voraussetzung für das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen ist ein grenzüberschreitender Rechtsstreit (EU-Ausland).
  • Das Verfahren eignet sich bei Geldforderungen oder bei Ansprüchen auf Entschädigung (z. B. Fluggastrechte) und Schadensersatz.
  • Der Streitwert darf maximal 5.000 Euro betragen.
  • Small Claims sind auch ohne anwaltliche Hilfe möglich.
  • Bei Problemen mit einem Unternehmen aus Dänemark, Island, Norwegen oder dem Vereinigten Königreich können Sie das Verfahren nicht nutzen.

Was ist das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen?

Mit diesem Verfahren können Sie zi­vilrechtliche Ansprüche innerhalb der EU geltend machen.

Voraussetzung ist, dass die Forderung nicht mehr als 5.000 Euro übersteigen darf.

Für das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen benö­tigen Sie weder eine Rechtsanwältin noch einen Rechtsanwalt.

Cover: Rechtsdurchsetzung in Deutschland und der EU

Broschüre: Gerichtsverfahren und außergerichtliche Streitbeilegung in Deutschland und in der EU

In unserer Broschüre: „Das darf doch wohl nicht wahr sein“ erklären wir, welche Möglichkeiten Ihnen zur Verfügung stehen, um Ihre Rechte als Verbraucherin oder Verbraucher durchzusetzen.

Schwerpunktthemen sind Gerichtsverfahren in Deutschland und im EU-Ausland sowie die außergerichtliche Streitbeilegung.

Dateigröße: 1,5 MB

Wie kann ich ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen einleiten?

Möchten Sie das Small-Claims-Verfahren einleiten, müssen Sie zunächst das Formblatt A in der Landesspra­che des zuständigen Gerichts ausfüllen und dort einreichen.

Normalerweise müssen Sie das Unternehmen in dem Staat verklagen, in dem es seinen Sitz hat.

Es gibt aber Ausnahmen, denn in einigen Fällen können Sie auch in Deutschland klagen.

Holen Sie sich juristischen Rat ein, wenn Sie unsicher sind, ob ein Gericht im In- oder Ausland zuständig ist.

Das Verfahren wird normalerweise schriftlich geführt. Es sei denn, einer der Beteiligten wünscht eine mündli­che Verhandlung.

Tipps zur mündlichen Verhandlung

Wird man zu einer mündlichen Verhandlung geladen, besteht die Möglichkeit, eine Videokonferenz zu beantragen.

Voraussetzung:

  • Die technischen Mittel stehen zur Verfügung (z. B. Kamera, Internet-Bandbreite),
  • die Kosten für eine persönliche Anwesenheit (z. B. Anreise) stehen in keinem angemessenen Verhältnis zum eigentlichen Streitwert.

Wie läuft das Small-Claims-Verfahren ab?

Nachdem die Gegenseite die Möglichkeit hatte Stellung zu nehmen, ergeht das Urteil.

Beantragen Sie anschließend das Formblatt D beim Gericht, damit das Urteil in allen EU-Mitgliedstaaten anerkannt wird und Sie die Vollstreckung einleiten können.

Folgt die Gegenseite dem Urteil und begleicht die Forderung, ist das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen abgeschlossen.

Reagiert das Unternehmen nicht, kann das Urteil ohne Wartezeit vollstreckt werden.

Die Zwangsvollstreckung erfolgt immer nach nationalem Recht. Heißt: Hatten Sie Probleme mit einem französischen Unternehmen, wird nach französischem Recht vollstreckt.

Tipp: Alle Formblätter sind mit Anleitungen und Ausfüllhilfen versehen

Für das Verfahren stehen Ihnen vier Formblätter zur Verfügung:

  • Formblatt A: Klageformblatt,
  • Formblatt B: Aufforderung des Gerichts zur Vervollständigung und/oder Berichtigung des Klageformblatts,
  • Formblatt C: Antwortformblatt,
  • Formblatt D: Urteilsbestätigung.

Das Europäische Justizportal stellt alle Formulare für das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen als Download zur Verfügung.

Was kostet das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen?

Small Claims sind in den meisten EU-Mitgliedstaaten kostenpflichtig.

Das zuständige Gericht wird erst tätig, wenn Sie die Verfahrenskosten bezahlt haben.

In Deutschland werden je nach Streitwert mindestens 114 Euro (bei einem Streitwert von 500 Euro) und höchstens 483 Euro (bei einem Streitwert von 5.000 Euro) be­rechnet.

Die Verfahrens- und Rechts­anwaltskosten trägt normalerweise die Partei, die verloren hat.

Bedingung: Die Kosten müssen notwendig und verhält­nismäßig zum Streitwert sein.

Tipp: Verfahrenskosten einfordern

Kreuzen Sie den Punkt 7.3.1. (Erstattung der Verfahrenskos­ten von der Gegenpartei) im Formblatt A an.

Sollten Sie den Pro­zess gewinnen, muss Ihnen die Gegenpartei die Verfahrenskosten zurückbezahlen.

Bei Punkt 7.3.3. müssen Sie die Höhe der Kosten und den Begriff „Gerichtskosten“ eintragen.

Soll­ten Ihnen weitere Kosten entstanden sein, zum Beispiel für die Übersetzung von Dokumenten, können Sie diese ebenfalls unter Punkt 7.3.3. angeben.

Jetzt kostenlose Hilfe holen

Haben Sie Fragen zum Small-Claims-Verfahren oder brauchen Sie Hilfe beim Ausfüllen der Formblätter?

Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland hilft Verbraucherinnen und Verbrauchern kostenlos bei Problemen mit einem Unternehmen aus dem EU-Ausland, Island, Norwegen und dem Vereinigten Königreich.

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