Gesetzliche Gewährleistung: Welche Rechte habe ich, wenn die gekaufte Ware defekt ist?
Ärgerlich, bei den erst kürzlich gekauften Schuhen löst sich schon die Sohle. Aber: Als Käuferin oder Käufer haben Sie das Recht auf ein funktionsfähiges Produkt und das bei jedem Einkauf, egal ob im Laden oder im Online-Shop. Und das europaweit. Denn die gesetzliche Gewährleistung regelt nämlich die Pflichten von Verkäuferinnen und Verkäufern, wenn die gekaufte Ware mangelhaft ist.
So können Verbraucherinnen und Verbraucher zum Beispiel eine Reparatur oder den Umtausch eines Produktes verlangen. In einigen Fällen ist sogar die Erstattung des Kaufpreises oder eine Preisminderung möglich. Wir erklären Ihnen den Unterschied zwischen der gesetzlichen Gewährleistung und Garantie.
Zusammenfassung
Die Gewährleistung steht Verbraucherinnen und Verbrauchern gesetzlich zu und greift immer dann, wenn die Ware nicht fehlerfrei ist oder nicht der Beschreibung des Verkäufers entspricht.
Bei Neuware beträgt die gesetzliche Gewährleistung in Europa mindestens 2 Jahre, für Gebrauchtwaren liegt sie bei mindestens 1 Jahr.
Die Gewährleistungsrechte sind EU-weit gültig, und zwar dank der europäischen Warenkauf-Richtlinie. Diese wurde im Januar 2022 in allen Mitgliedstaaten aktualisiert und erweitert. In einigen Punkten sieht sie nur Mindeststandards vor.
In Deutschland und anderen EU-Staaten liegt die Beweislastumkehr bei 12 Monaten nach dem Kauf. Das heißt, tritt ein Fehler bei der gekauften Ware innerhalb dieses Zeitrahmens auf, gilt die Vermutung, dass das Produkt von Anfang an fehlerhaft war. Das erleichtert dem Käufer die Reklamation.
Gewährleistung ist nicht das Gleiche wie Garantie! Bei der Garantie handelt es sich um eine freiwillige Leistung des Händlers (Händlergarantie) oder des Herstellers (Herstellergarantie). Händler und Hersteller können die Dauer sowie die Garantiebedingungen selbst festlegen.
Auch wenn Sie zusätzlich eine Garantie erhalten haben, bleiben Ihre Gewährleistungsrechte dennoch weiterhin bestehen.
- Was ist Gewährleistung?
- Wie lange gelten Gewährleistungsrechte?
- Was ist der Unterschied zwischen Garantie und Gewährleistung?
- Was versteht man unter Beweislastumkehr?
- Welche Rechte habe ich, wenn Ware defekt ist?
- Gesetzliche Gewährleistung: Austausch oder Reparatur?
- Gesetzliche Gewährleistung: Erstattung des Kaufpreises oder Preisminderung
Was ist Gewährleistung?
Die gesetzliche Gewährleistung (Sachmängelhaftung) ist Ihr Recht, ein gekauftes Produkt im Falle eines Fehlers oder Defekts zu reklamieren und Abhilfe vom Händler oder Hersteller zu verlangen.
Ihre Gewährleistungsrechte gelten, wenn Sie als Verbraucherin oder Verbraucher die Ware bei einer gewerblichen Verkäuferin oder Verkäufer mit Sitz in der EU gekauft haben. Dabei ist es unerheblich, ob online oder im Ladengeschäft.
Die gesetzliche Gewährleistung gilt auch für folgende Produkte
Mit Aktualisierung der europäischen Richtlinie im Januar 2022 in allen Mitgliedsstaaten, wurde die gesetzliche Gewährleistung auf folgende Produkte ausgeweitet:
digitale Inhalte (z. B. Musikdateien, Fotos, Computerprogramme)
digitale Dienstleistungen (z. B. Clouds, Streamingdienste, Webhosting)
Waren mit digitalen Elementen (z. B. Smartwatches mit einer Anwendung auf dem Mobiltelefon, Smart-TVs mit bestimmten Video-Anwendungen)
Die Beweislastumkehr wurde in Deutschland verbraucherfreundlicher ausgestaltet. Sie wurde von sechs auf zwölf Monate verlängert.
Außerdem ist nun ausdrücklich geregelt, was eine Garantieerklärung beinhalten muss.
Gut zu wissen
Wenn Sie über die Internetseite eines Shops mit Sitz in einem anderem EU-Land kaufen, gilt in der Regel deutsches Recht, falls sich die Seite bewusst an deutsche Kunden richtet. Hierfür gibt es unter anderem folgende Indizien:
- Verwendung der Domain „.de“, obwohl der Online-Shop nicht in Deutschland sitzt
- Webseite in deutscher Sprache, trotz Sitz außerhalb von Deutschland
- Angabe einer Telefonnummer mit internationaler Vorwahl
- Anfahrtsbeschreibungen von anderen Mitgliedstaaten aus
Wie lange gelten die Gewährleistungsrechte?
In allen Mitgliedstaaten können Sie defekte Neuware nach deren Erhalt zwei Jahre lang reklamieren. Einige Länder in der EU gehen hier jedoch noch weiter: In Spanien und Schweden sind es 3 Jahre. In Portugal gilt ebenfalls eine Frist von drei Jahren für Neuware aber auch für generalüberholte („refurbished“) Ware. Nur in Finnland hängt die Frist von der üblichen Lebenserwartung des Produktes ab.
Beim Kauf von gebrauchter Ware liegt die Frist europaweit bei mindestens einem Jahr. So beispielsweise in Deutschland, wenn Käufer und Verkäufer dies beim Kauf ausdrücklich vereinbaren. In den meisten Fällen steht dies in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Verkäufers.
Tipp
Lesen Sie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Unternehmens. Dort stehen normalerweise solche Regelungen.
Allerdings gelten in folgenden Ländern darüberhinausgehende Regelungen für gebrauchte Ware:
In Frankreich gilt auch beim Kauf gebrauchter Ware eine Frist von zwei Jahren. In Finnland hängt auch bei gebrauchter Ware die Verjährung von der Lebenserwartung des Produkts ab. In Malta kann sich die Verkäuferin oder der Verkäufer auf eine Verkürzung der Frist auf ein Jahr dann nicht berufen, wenn die Kundschaft nachweisen kann, dass der Verkäuferin oder dem Verkäufer der Mangel bekannt war. Beim Kauf generalüberholter Ware gilt in Malta eine Frist von zwei Jahren. In Portugal darf die Frist nicht kürzer als 18 Monate ausfallen.
Wichtig: Die Verkäuferin oder der Verkäufer kann diese Rechte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausschließen oder einschränken. Sie gelten beispielsweise auch bei reduzierter Ware, selbst wenn es online oder im Ladengeschäft heißt, dass diese Ware vom Gewährleistungsrecht ausgeschlossen sei.
Achtung
Vor allem beim Gebrauchtwagenkauf wird oft versucht, die gesetzliche Gewährleistung zu umgehen. So deklarieren einige Händler von sich aus den Kaufvertrag oftmals als Vertrag zwischen zwei Unternehmern (Händlergeschäft) und nicht zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher. Denn bei einem Händlergeschäft kann der Verkäufer die Mängelhaftung vertraglich ausschließen. Das gleiche gilt, wenn zwei Privatpersonen einen Kaufvertrag schließen. Um dieser Falle zu entgehen sollten Sie darauf achten, dass der Vertrag nicht als Händlergeschäft deklariert wird. Vorsicht ist auch geboten, wenn als Verkäufer eine Privatperson genannt ist und der Kauf nur über den Händler abgewickelt werden soll. Diese Masche ist vor allem beim Gebrauchtwagenkauf anzutreffen.
Was ist der Unterschied zwischen Garantie und gesetzlicher Gewährleistung?
Häufig erhalten Sie aber beim Kauf ein zusätzliches Garantieversprechen. Sei es seitens der Herstellerfirma (Herstellergarantie) oder seitens der Verkäuferin bzw. des Verkäufers (Händlergarantie). Diese Garantie erfolgt jedoch auf freiwilliger Basis und ist manchmal sogar kostenpflichtig. Während der Umfang der Gewährleistungsrechte gesetzlich vorgeschrieben ist, bestimmen Verkäuferinnen bzw. Verkäufer oder die Herstellerfirma die Garantie-Bedingungen selbst.
Beispiel: Ein Smartphone-Hersteller gibt Ihnen ein Jahr lang Garantie. Jedoch geht das Gerät nach eineinhalb Jahren wegen eines nachweislichen Produktionsfehlers kaputt. Weil die Garantie jedoch abgelaufen ist, weigert sich der Verkäufer, das Gerät zu reparieren oder auszutauschen. In diesem Fall greift nun die zweijährige gesetzliche Gewährleistung. Ihre Gewährleistungsrechte können Sie während und vor allem auch nach Ablauf der Garantiezeit gegenüber dem Händler geltend machen. Ohne, dass Verkäufer Sie mit der Begründung „Garantie abgelaufen“ an die Herstellerfirma weiterverweisen dürfen.
Garantie-Erklärungen für Verträge, die ab dem 1. Januar 2022 geschlossen werden, müssen folgendes beinhalten:
- Hinweis darauf, dass die gesetzliche Gewährleistung daneben bestehen bleibt, auch wenn eine Garantie-Erklärung abgegeben wird
- Anschrift des Garantiegebers (Hersteller oder Verkäufer)
- Hinweise, was die Verbraucherin oder der Verbraucher tun muss, um die Garantie geltend zu machen
- konkrete Nennung der Waren auf die sich die Garantie bezieht
Hält sich der Garantiegeber nicht an diese gesetzlichen Vorgaben, haftet er trotzdem aus der Garantie. Ebenso für die Folgen, dass bestimmte Pflichtangaben fehlen.
Gut zu wissen
Gerade bei teuren Elektrogeräten, zum Beispiel bei Smartphones, Laptops oder Waschmaschinen, schließen viele Käuferinnen und Käufer eine zusätzliche, kostenpflichtige Garantie ab, um sich im Schadensfall abzusichern. Allerdings sollte jede Garantie einen wirklichen Zusatznutzen gegenüber der gesetzlichen Gewährleistung bringen, damit sie sich lohnt. Lesen Sie das Garantieversprechen gut durch, bevor Sie den Vertrag abschließen.
Unterschiede: Garantie und gesetzliche Gewährleistung
Gewährleistung | Garantie | |
---|---|---|
gesetzlich vorgeschrieben | ja | nein |
Laufzeit bei Neuware | mind. 24 Monate | meist 12 - 24 Monate, ggf. länger |
Laufzeit bei Gebrauchtware | mind. 12 Monate | eventuell Restgarantie (ab Erstkaufdatum) |
Beweislastumkehr | nach 12 Monaten, bei Altverträgen (vor dem 1. Januar 2022) nach 6 Monaten | - |
Rechte gegenüber | Verkäufer | Verkäufer, Hersteller, Versicherung, etc. |
Umfang | Mängel, die zum Zeitpunkt der Übergabe der Ware an den Verbraucher vorhanden sind | Abhängig von den Garantiebedingungen. In der Regel die Haltbarkeit des Produkts für einen bestimmten Zeitraum |
Was versteht man unter Beweislastumkehr?
Die gesetzlichen Gewährleistungsrechte stehen Ihnen nur zu, wenn der Fehler bereits bei der Übergabe der Ware vorhanden war.
In Deutschland und den meisten anderen EU-Staaten wird dies in den ersten zwölf Monaten nach Übergabe der Ware vermutet. Nur, wenn die Verkäuferin oder der Verkäufer beweisen kann, dass Sie die Ware in einem fehlerfreien Zustand erhalten haben, muss sie oder er nicht austauschen oder reparieren.
Ab dem dreizehnten Monat ist es an Ihnen, der Verkäuferin/ dem Verkäufer zu beweisen, dass die Ware von Anfang an fehlerhaft war. In der Praxis ist dies ohne ein Sachverständigen-Gutachten oft nur schwer möglich.
Achtung
Für Verträge, die vor dem 1. Januar 2022 geschlossen wurden, liegt in Deutschland die Beweislastumkehr bei 6 Monaten.
In folgenden EU-Staaten sind die Verkäuferinnen und Verkäufer beim Verkauf von Neuwaren hingegen zwei Jahre lang beweispflichtig: Frankreich, Portugal, Spanien. Für Gebrauchtwaren gilt in diesen Ländern in der Regel eine Beweislastumkehr von einem Jahr.
Welche Rechte habe ich, wenn Ware defekt ist?
Wenn Sie einen Mangel festgestellt haben, sollten Sie diesen sofort bei der Verkäuferin oder dem Verkäufer reklamieren, idealerweise schriftlich (per Mail oder Brief). Geben Sie hierzu Ihre Kunden- oder Bestellnummer an.
Wichtig: Je länger Sie warten, desto schwieriger wird es in der Praxis erfolgreich zu reklamieren. Beachten Sie hierzu die geltenden Reklamationsfristen.
Gesetzliche Gewährleistung: Austausch oder Reparatur?
Sie können zunächst den kostenlosen Austausch oder die kostenlose Reparatur des defekten Produktes verlangen. Kostenlos bedeutet, dass die Verkäuferin/ der Verkäufer nicht nur die Kosten für die eigentliche Ware und Ersatzteile sowie die aufgewandte Arbeitszeit bezahlen muss, sondern auch die Transportkosten (Hin- und Rücksendekosten).
Sie können prinzipiell zwischen einer Reparatur und einer Ersatzlieferung wählen. Der Verkäufer kann aber eine Ersatzlieferung bzw. die Reparatur der Ware ablehnen, wenn dies mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Ein Beispiel: Die Reparaturkosten würden über dem Warenwert liegen. Oder wenn beispielsweise bei einem Notebook die Komponenten so miteinander verklebt sind, dass sich das Gerät nur mit unverhältnismäßig hohem Zeitaufwand reparieren ließe. In diesem Fall können Sie nicht auf einer Reparatur bestehen, haben aber ein Recht auf den kostenlosen Austausch der Ware.
Gut zu wissen
Sie müssen nicht für die Abnutzung des Produktes bezahlen, auch wenn es schon einige Zeit im Einsatz war und innerhalb der Gewährleistungsfrist kaputtgegangen ist.
Erstattung des Kaufpreises oder Preisminderung?
In folgenden Fällen können Sie die Ware zurückgeben und ihr Geld zurückverlangen, oder die Ware behalten und den Preis mindern:
- Es ist nicht möglich, die Ware auszutauschen oder zu reparieren.
- Der Verkäufer oder die Verkäuferin weigert sich, die Ware zu ersetzen oder zu reparieren.
- Die Kosten für eine Reparatur bzw. Ersatzlieferung wären unverhältnismäßig hoch und der Verkäufer verweigert sie aus diesem Grund.
- Das Unternehmen hat versucht, den Artikel zu reparieren, aber er funktioniert aufgrund des gleichen Fehlers immer noch nicht.
- Die Verkäuferin oder der Verkäufer repariert die Ware nicht in einem angemessenen Zeitraum. Drei Wochen sollten hier normalerweise ausreichen.
- Die Verkäuferin oder der Verkäufer teilt mit, dass die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands mit einem hohen Aufwand für die Verbraucherin oder den Verbraucher verbunden sei.
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