Gleiches Recht für alle? Geoblocking soll nicht diskriminieren
Ein tolles Produkt im Ausland gefunden, aber der Shop blockiert den Zugriff? Die Preise sind in einem anderen EU-Land günstiger, doch der Warenkorb wird einfach nicht zur Kasse durchgelassen? Oder aber die Kreditkarte wird nur deshalb abgelehnt, weil sie aus einem anderen Land stammt? Solche Ärgernisse gehören eigentlich der Vergangenheit an.
Bereits seit 2018 verbietet die Geoblocking-Verordnung ungerechtfertigte Zugangsbeschränkungen und Diskriminierung beim Online-Shopping in der EU. Alle Kundinnen und Kunden haben das Recht, unter den gleichen Bedingungen einzukaufen – unabhängig davon, wo sie wohnen oder welches Zahlungsmittel sie nutzen.
Doch es gibt Ausnahmen, und nicht immer greifen die Regeln. Dieser Leitfaden erklärt, was erlaubt ist, wo noch Unterschiede bestehen und zeigt anhand von Beispielen, wie sich die Verordnung konkret im Alltag auswirkt.

1. Recht so? Gleiche Bedingungen für alle – egal, in welchem Land
Grundsätzlich verbietet die EU, dass Unternehmen abweichende Geschäftsbedingungen festlegen, nur weil
der Wohnort,
die Nationalität,
der Aufenthaltsort,
das Land des Zahlungsmittels,
die Sprachauswahl oder
die Lieferadresse einer Person nicht zum Land des Online-Shops passt.
Diese Regeln gelten nicht nur online, sondern auch für den stationären Handel!
Das bedeutet konkret: Händler und Anbieter dürfen den Zugang zu ihren Produkten und Dienstleistungen nicht willkürlich blockieren oder einschränken, wenn jemand aus einem anderen EU-Land darauf zugreift.
Allerdings gibt es eine Einschränkung: Unternehmen sind nicht verpflichtet, grenzüberschreitend zu liefern. Ein Online-Shop kann also entscheiden, ob er nach Deutschland versendet – oder, ob eine Lieferung nur mit Aufpreis möglich ist. Wichtig ist nur, dass diese Regeln für alle Kundinnen und Kunden in der EU gleichermaßen gelten. Das betrifft ebenfalls digital bereitgestellte Services wie Cloud-Dienste oder Web-Hosting, die nicht urheberrechtlich geschützt sind.
Auch Preise dürfen von Land zu Land unterschiedlich sein. Aber: Der Zugang zu allen Versionen eines Online-Shops muss für alle in der EU offen sein.
Beispiel:
Rosanna aus Italien bestellt Olivenöl bei einem sizilianischen Online-Shop. Elisabeth aus Deutschland kann das ebenfalls tun und es zum gleichen Preis nach Neapel liefern lassen. Der Shop muss aber nicht zwingend eine deutsche Version der Seite anbieten oder nach Deutschland liefern. Eine deutsche Rechnungsadresse darf allerdings nicht abgelehnt werden.
Keine automatische Sperre oder Umleitung
Ein Klick auf die Website und plötzlich geht es nicht mehr weiter, weil der Zugriff aus einem anderen EU-Land blockiert wurde? Oder die Seite springt automatisch zur deutschen Version, obwohl die italienische mehr Auswahl hat?
Solche automatischen Weiterleitungen sind verboten – Kundinnen und Kunden müssen zuvor ausdrücklich zustimmen. Wer also beispielsweise die Homepageendung „.hr“ oder „.at“ eingibt, darf nicht automatisch und ungefragt auf die deutsche „.de“ Seite weitergeleitet werden.
Nur wenn objektive rechtliche Gründe vorliegen (zum Beispiel ein nationales Verkaufsverbot für bestimmte Produkte wie Medikamente oder Feuerwerkskörper), kann ein Anbieter den Zugriff verweigern.
Beispiel:
Maren möchte in einem kroatischen Online-Shop einen neuen Kaffeevollautomaten bestellen. Doch sobald sie die Seite aufruft, wird sie ohne ihr Zutun auf die deutsche Version des Shops umgeleitet – mit weniger Auswahl und höheren Preisen. Das ist nicht erlaubt.
Gleiche Zahlungsmethoden für alle
Ein Online-Shop darf selbst entscheiden, welche Zahlungsmethoden er anbietet. Einzige Auflage: Er muss mindestens eine gängige und zumutbare Zahlungsart kostenfrei anbieten. Ist eine Methode in einem EU-Land verfügbar, muss sie auch für alle anderen Mitgliedsländer verwendbar sein. Unabhängig davon, aus welchem Land sie stammt.
Beispiel:
Felicitas aus Deutschland möchte mit ihrer deutschen Kreditkarte online bezahlen. Der Shop akzeptiert jedoch nur spanische Kreditkarten und bietet keine Alternative an. Das ist nicht erlaubt.
2. Wann gilt die Geoblocking-Verordnung nicht?
Nicht alle Dienstleistungen und Produkte sind von den Regeln erfasst. In einigen Bereichen gibt es eigene gesetzliche Vorgaben:
- Audiovisuelle Medien (Filme, Musik, Streaming-Dienste)
- Finanzdienstleistungen (Banken, Kredite, Versicherungen)
- Verkehrsdienstleistungen (Flüge, Bahn- und Fernbusreisen)
- Verbotene Produkte (Feuerwerk, bestimmte Medikamente)
- Private Sicherheitsdienste
- Gesundheitsdienstleistungen
- Glücksspielangebote
In diesen Bereichen kann es also zu bestimmten, gerechtfertigten Ungleichbehandlungen kommen, die so vom Gesetzgeber gebilligt sind.

3. „Dieser Inhalt ist in Ihrem Land nicht verfügbar“
Streaming & Co.: Wann Geoblocking erlaubt bleibt.
Online-Dienste, die Filme, Musik oder Sportveranstaltungen übertragen, unterliegen meist dem Urheberrecht. Da für solche Inhalte eine speziellere Verordnung gilt, greift die Geoblocking-Verordnung hier nicht.
Dazu gehören unter anderem:
- Streaming- und Video-Plattformen (Netflix, Amazon Prime, YouTube,…)
- Digitale Bücher
- Wiederholungen von Fernsehsendungen auf privaten Sendern
- Sportübertragungen von Premium-Diensten
Kostenpflichtiges Streaming: Die Portabilitätsverordnung hilft.
Wer hingegen ein kostenpflichtiges Abo bei einem Streaming-Dienst abgeschlossen hat, kann dieses innerhalb der EU auch vorübergehend im Urlaub oder auf Geschäftsreise nutzen – ohne Zusatzkosten. ACHTUNG: In diesem Fall sollte der Datenverbrauch im Blick behalten werden. Hier schützt zwar das EU-Prinzip „Roam like at home“, aber natürlich nur im Rahmen des eigenen, nationalen Mobilfunkvertrages.
Ein typischer Fall:
Patrick macht eine Woche Urlaub in Schweden. Dort möchte er über sein Streaming-Abo (beispielsweise Amazon Prime, Netflix oder Disney+) die neuste Folge seiner Serie anschauen. Diese ist nur im deutschen Abo verfügbar, nicht aber im schwedischen. Obwohl Patrick in Schweden ist, kann er seine Serie weiterverfolgen.
Wenn es Patrick in dem Land aber so gut gefällt, dass er kurzerhand dortbleibt, hat er keinen Anspruch mehr auf die deutschen Inhalte.
- Macht Patrick außerhalb der EU, zum Beispiel in den USA Urlaub, gilt das nicht!
- Urlaub oder Auswanderung? Was und welche Zeitspanne als "vorübergehender Aufenthalt" gilt, legt die Verordnung nicht genau fest.
Wichtig: Der Abschluss eines Abonnements selbst ist weiterhin nur im Wohnsitzland möglich. Der Anbieter darf den gewöhnlichen Aufenthaltsort anhand der Rechnungsadresse, des verwendeten Zahlungsmittels, der IP-Adresse, des Internetzugangsvertrags und ähnlichem überprüfen.
Beispiel: Jakob aus Deutschland kann hierzulande kein Abo mit den polnischen Inhalten von Apple TV+, YouTube Premium oder Sky GO abschließen.
Kostenloses Streaming: Geoblocking bleibt erlaubt.
Werbe- oder gebührenfinanzierte Inhalte von öffentlich-rechtlichen Sendern oder anderen Diensten (ARD, ZDF, Spotify Free, YouTube) können weiterhin länderspezifisch gesperrt werden.
Beispiele:
- Alexander kann sein Französisch leider nicht mit France Television auffrischen.
- Mareike kann im Urlaub auf Teneriffa dank ihres kostenpflichtigen Abonnements zwar Ihre amerikanische Serie weiterverfolgen, aber die Nachrichten vom öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehen über die Mediathek bleiben ihr verwehrt.
Wer hilft weiter?
Die Europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net) sind in allen EU-Ländern die geeignete Anlaufstelle für alle grenzüberschreitenden Probleme. Jeder Mitgliedsstaat hat speziell im Bereich Geoblocking außerdem eine Behörde, die für die Ahndung von Verstößen zuständig ist. Hierzulande ist das die Bundesnetzagentur.
- Europäisches Verbraucherzentrum: Vermittelt außergerichtlich in Streitfällen zwischen Verbraucherinnen und Unternehmen.
- Bundesnetzagentur (Deutschland): Ahndet Verstöße und kann Maßnahmen gegen Unternehmen verhängen, die Geoblocking betreiben.
4. Geoblocking-Broschüre für Verbraucher
Alle wichtigen Infos auf einen Blick: Unsere kompakte Broschüre erklärt das Thema einfach und verständlich.
Kostenloser Download (0,7 MB)
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