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Pflegekräfte aus dem Ausland: So klappt die legale Beschäftigung

Dieser Artikel bietet eine praktische Übersicht für Privathaushalte, die eine Betreuungskraft aus dem EU-Ausland suchen. Wir erklären die vier häufigsten Modelle – Arbeitnehmerüberlassung, Entsendemodell, Selbstständigen-Modell und das Arbeitgebermodell – und geben Ihnen wichtige Informationen zu organisatorischen und arbeitsrechtlichen Aspekten.

Im Jahr 2023 lebten in Deutschland rund 5,7 Millionen pflegebedürftige Menschen, von denen etwa 86 % zu Hause versorgt wurden. Ein weit verbreitetes Modell zur Betreuung von pflegebedürftigen Personen ist der Einsatz von ausländischen Betreuungskräften, insbesondere durch sogenannte "Live-in-Care"-Modelle. Bei diesen Modellen wohnen die Betreuungskräfte im Haushalt der betreuungsbedürftigen Person und leisten Unterstützung im Alltag.

Die Anstellung von Betreuungskräften aus dem Ausland – häufig aus Ländern wie Polen, der Slowakei oder Bulgarien – ist oft kurzfristig möglich und kann auch aus Kostengründen attraktiv sein. Es gibt jedoch wichtige rechtliche Aspekte zu beachten, da der Begriff „24-Stunden-Betreuung” häufig missverstanden wird. Eine solche 24-Stunden rundum Betreuung durch eine einzige Pflegekraft ist rechtlich nicht zulässig. Aufgrund der deutschen Arbeitszeitgesetze ist der Begriff „Live-in-Care” passender.

Unterschied zwischen Pflege und Betreuung

Es ist wichtig, zwischen den Begriffen Pflege und Betreuung zu unterscheiden:

  • Pflege umfasst medizinische und körperliche Unterstützung, die oft von Fachkräften durchgeführt wird. Dazu gehören Tätigkeiten wie Körperpflege, Medikamentengabe und die Überwachung des Gesundheitszustands.
  • Betreuung hingegen konzentriert sich auf die Unterstützung im Alltag, z. B. bei der Haushaltsführung, der Begleitung zu Terminen oder der Zubereitung von Mahlzeiten. Diese Art von Unterstützung erfordert keine medizinische Ausbildung.

Für eine umfassende Pflege ist häufig die Unterstützung durch einen Pflegedienst notwendig, während die Betreuung in vielen Fällen von ausländischen Betreuungskräften übernommen wird.

Modelle der häuslichen Pflege mit Betreuungskräften aus dem Ausland

Es gibt vier wesentliche Modelle für die Anstellung einer ausländischen Betreuungskraft. Jedes Modell hat spezifische rechtliche und organisatorische Anforderungen, die wir Ihnen im Folgenden detailliert erläutern.

1. Arbeitnehmerüberlassungsmodell

Bei diesem Modell wird die Betreuungskraft als Beschäftigte eines in- oder ausländischen Pflegeunternehmens im Rahmen einer Arbeitsüberlassung bei Ihnen tätig.

Es besteht jeweils ein Arbeitsvertrag zwischen dem Pflegeunternehmen und der Betreuungskraft sowie eine Vereinbarung zwischen dem Pflegeunternehmen und Ihnen. Das Pflegeunternehmen ist in diesem Fall der Arbeitgeber und Verleiher. Es überträgt Ihnen, als Entleiher, das Weisungsrecht, so dass Sie im Rahmen des Vertrages Weisungen erteilen können.

Betreuungskraft beim Pflegeunternehmen angestellt

Ein Vorteil dieses Modells ist, dass die Betreuungskraft nicht direkt bei Ihnen angestellt ist. Das bedeutet, dass Sie weniger administrative Aufgaben haben, da sich die Agentur oder das in- oder ausländische Pflegeunternehmen um Lohnzahlung, Sozialversicherung und Steuern kümmert. Das Pflegeunternehmen trägt auch das Risiko des Arbeitsausfalls und ist somit verpflichtet, Ihnen für den festgelegten Zeitraum eine geeignete Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen.

Wichtig: Auf Details im Vertrag achten

Achten Sie bei dem Vertrag auf die Formulierung: Verleiher und Entleiher müssen die Überlassung von Leiharbeitnehmern im Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnen, bevor der Leiharbeitnehmer überlassen wird. Weiterhin besteht eine Erlaubnispflicht zur Arbeitnehmerüberlassung. Haken Sie hier nach und lassen Sie sich das Dokument vom Verleiher vorzeigen. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird ein Arbeitsverhältnis zwischen Ihnen und der Betreuungskraft begründet. Das würde dann dazu führen, dass Sie als Arbeitgeber tätig werden.

Recht auf vertragsgemäße Betreuung

Als Verbraucher haben Sie bei diesem Modell das Recht auf eine vertragsgemäße Betreuung und darauf, bei Nichterfüllung der Vertragspflichten eine neue Betreuungskraft zu verlangen oder das Arbeitsverhältnis mit dem Pflegeunternehmen zu kündigen. Unterkunft und Verpflegung müssen von Ihnen gestellt werden (sofern im Vertrag festgelegt).

Checkliste: Arbeitnehmerüberlassungsmodell

Verantwortung der Parteien

  • Agentur: Auswahl und Vermittlung der Betreuungskraft, sorgt für die rechtlichen Rahmenbedingungen und ist Ihr Ansprechpartner für Fragen oder Beschwerden.
  • Pflegeunternehmen: verantwortlich für Lohnzahlung, Sozialversicherung und Steuerabführung. Es muss sicherstellen, dass die Betreuungskraft alle notwendigen Qualifikationen erfüllt.
     

Arbeitszeit und Lohn

  • Arbeitszeiten nach deutschem Arbeitszeitgesetz: 8 Stunden täglich, 48 Stunden wöchentlich.
    In Ausnahmefällen max.10 Stunden täglich, 60 Stunden wöchentlich.
  • Einhaltung des Mindestlohns erforderlich. 12,82 Euro pro Stunde (Stand: Juni 2025)
  • Widerrufsrecht: 14 Tage nach Vertragsschluss.
  • Kündigungsfristen: 2 Wochen in der Probezeit, sonst je nach Vertrag.
  • Das Pflegeunternehmen haftet für Handlungen der Betreuungskraft im Zusammenhang mit den vertraglich zugewiesenen Aufgaben (etwa Putzen, Waschen, Kochen). Im Fall von Personenschäden haftet das Pflegeunternehmen bereits, wenn der Schaden zumindest leicht fahrlässig verursacht wurde.
  • Einhaltung der DSGVO durch die vermittelnde Agentur. Sofern diese nicht einbezogen ist oder ihrer Pflicht nicht nachkommt, haftet das Pflegeunternehmen.
  • Pflegeunternehmen stellt Ersatz bei Ausfall der Betreuungskraft
  • Vertrag endet mit dem Tod der betreuungsbedürftigen Person (vertraglich festzuhalten).

2. Entsendemodell

Bei diesem Modell beauftragen Sie ein ausländisches Unternehmen (oft über eine Vermittlungsagentur), das eine Betreuungskraft nach Deutschland entsendet. Die Agentur übernimmt die Auswahl und vermittelt den Kontakt zum Entsendeunternehmen. Mit der weiteren Zusammenarbeit hat die Agentur in der Regel dann nichts mehr zu tun.

Pflegeunternehmen behält Weisungsrecht

Der Arbeitsvertrag besteht zwischen dem Entsendeunternehmen und der Betreuungskraft. Das ausländische Unternehmen zahlt das Gehalt und führt im Heimatland Steuern und Sozialabgaben ab. Das Weisungsrecht bleibt beim Pflegeunternehmen. Dieses legt die Arbeitszeiten und die genauen Tätigkeiten fest. Wenn Sie Änderungen wünschen, müssen Sie diese direkt mit dem Unternehmen abklären.

Entsendung für maximal 2 Jahre

Die Entsendung erfolgt für maximal zwei Jahre. Danach gilt das Sozialversicherungsrecht des Landes, in dem die Arbeit erbracht wird. Die A1-Bescheinigung weist nach, dass die Betreuungskraft in ihrem Heimatland tatsächlich auch sozialversichert ist. Daher ist es unumgänglich, dass Sie die Vorlage dieser Bescheinigung verlangen.

Dieses Modell hat den Vorteil, dass Sie administrative Aufgaben an das Entsendeunternehmen abgeben. Allerdings kann es zu Herausforderungen kommen, wenn kurzfristige Änderungen oder Anpassungen im Betreuungsalltag notwendig sind, da das Weisungsrecht nicht bei Ihnen liegt.
 

Checkliste: Entsendemodell

Verantwortung der Parteien

  • Agentur: vermittelt den Kontakt zum Entsendeunternehmen.
  • Entsendeunternehmen: stellt die Betreuungskraft an und entsendet es nach Deutschland. Arbeitszeiten und Pausen werden vom Entsendeunternehmen festgelegt. Diese müssen den Arbeitsgesetzen des Entsendelandes entsprechen, jedoch sollte darauf geachtet werden, dass sie auch den Anforderungen der deutschen Arbeitszeitgesetze gerecht werden, insbesondere bezüglich Pausen und Ruhezeiten.

Weisungsrecht: Das Weisungsrecht bleibt bei dem Pflegeunternehmen.

Arbeitsrechtliche Vorgaben

  • Arbeitszeiten und Vergütung richten sich nach dem Recht des Heimatlandes der Betreuungskraft.
  • In Deutschland muss der Mindestlohn eingehalten werden.
  • Sozialabgaben werden im Entsendeland gezahlt.
  • Nachweispflicht erfolgt durch eine A1-Bescheinigung aus dem Entsendeland der Betreuungskraft.
  • Kündigungsfristen je nach Vertrag.
  • Widerrufsrecht innerhalb von 14 Tagen (wenn online abgeschlossen)
  • Einhaltung der DSGVO durch die vermittelnde Agentur
  • Haftpflicht- und Unfallversicherung durch Entsendeunternehmen
  • Entsendeunternehmen, als Arbeitgeber, haftet für Schäden, die durch die Betreuungskraft verursacht werden.


Anwendbares Recht: Deutsches oder ausländisches Recht gilt, je nach Vertragsvereinbarung. Falls ausländisches Recht vereinbart wurde, darf der Verbraucher nicht benachteiligt werden.

3. Selbständigen-Modell

Beim Selbständigen-Modell arbeitet die Betreuungskraft als selbstständige Dienstleisterin. Sie schließt einen direkten Dienstleistungsvertrag mit Ihrem Privathaushalt ab.

Der Vorteil dieses Modells liegt im geringen Verwaltungsaufwand, da die Betreuungskraft selbst für Steuern, Sozialabgaben und Versicherungen verantwortlich ist. Weiterhin trägt sie auch das Risiko des Arbeitsausfalls und muss unter Umständen für Ersatz sorgen. Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung zu bezahltem Erholungsurlaub oder Entgeltfortzahlung. Auch die Vergütung wird frei vereinbart.

Gefahr der Scheinselbständigkeit

Wichtig: Eine selbstständige Betreuungskraft darf nicht Ihren Weisungen unterliegen. Das bedeutet, dass Sie keine Vorgaben zu Arbeitszeiten, -ort oder -aufgaben machen dürfen, die zu einer persönlichen Abhängigkeit der Betreuungskraft führen. Andernfalls kann es zur Annahme einer Scheinselbstständigkeit kommen. Diese liegt vor, wenn eine Person nach außen hin als selbstständiger Unternehmer auftritt, ihre Aufgaben aber wie ein angestellter Arbeitnehmer erfüllt, ohne die damit verbundenen Rechte und sozialen Absicherungen zu genießen. Wenn von einer Scheinselbstständigkeit ausgegangen wird, hat dies zur Folge, dass ein Arbeitsvertrag mit entsprechenden Arbeitnehmerrechten und Arbeitgeberpflichten entstanden ist. Sie müssen dann rückwirkend den Mindestlohn und die Sozialversicherungsabgaben nachzahlen.

Die Forderungen der Sozialversicherungen verjähren nach vier Jahren. Wenn der Arbeitgeber hätte erkennen müssen, dass eine Sozialversicherungspflicht besteht, fallen darüber hinaus Säumniszuschläge auf die Sozialversicherungsbeiträge an.

4. Arbeitgebermodell

Das Arbeitgebermodell wird in der Praxis eher selten gewählt. Dabei werden Sie als Privathaushalt, der die Betreuung in Anspruch nimmt, selbst zum Arbeitgeber. Sie schließen einen Arbeitsvertrag mit der Betreuungskraft. Das hat den Vorteil, dass Sie weisungsbefugt sind. Als Arbeitgeber können Sie die Arbeitszeiten festlegen und bestimmen, welche Tätigkeiten die Betreuungskraft übernehmen soll. Sie müssen allerdings die deutschen arbeitsrechtlichen Vorgaben zum Mindestlohn, zu den Arbeits- und Ruhezeiten sowie zum Erholungsurlaub einhalten – unabhängig davon, aus welchem Land die Betreuungskraft stammt. Als Arbeitgeber sind Sie zudem dafür verantwortlich, dass alle sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden. Zudem tragen Sie das Risiko des Arbeitsausfalls.

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