Gewährleistung bei digitalen Produkten

Was tun, wenn Sie ein E-Book gekauft oder einen Streaming-Dienst beauftragt haben und hinterher feststellen, dass das Produkt nicht funktioniert. Wir erklären Ihnen, welche Gewährleistungsrechte Sie haben und was es bei einer Reklamation zu beachten gilt.

Zusammenfassung

  • Ein digitales Produkt, zum Beispiel ein E-Book, ist mangelhaft, wenn es nicht funktioniert. Ein Smartphone ist beispielsweise mangelhaft, wenn die digitalen Inhalte durch den Verkäufer unsachgemäß aufgespielt wurden
     
  • Sie haben bei mangelhaften Produkten das Recht auf Fehlerbeseitigung oder unter bestimmten Voraussetzungen auf die Erstattung des Kaufpreises oder auf Preisminderung
     
  • Sie haben diese Rechte nicht, wenn der Verkäufer Ihnen z. B. ein Update zur Verfügung stellt, Sie dieses aber nicht nutzen.
     
  • Die Gewährleistungsrechte verjähren EU-weit frühestens nach 2 Jahren.

Gewährleistung: Wann ist ein digitales Produkt mangelhaft

Ein digitales Produkt ist beispielsweise mangelhaft, wenn

  • es nicht funktioniert,
     
  • es nicht der Produktbeschreibung in der Verkaufsanzeige entspricht,
     
  • es nicht mit der Hard- oder Software funktioniert, mit der ähnliche Artikel normalerweise benutzt werden, ohne dass man das Produkt oder die Hard- bzw. die Software anpasst, damit alles läuft (Kompatibilität),
     
  • es nicht mit einer anderen Hard- oder Software funktioniert, die man normalerweise für solche Artikel nutzt (Interoperabilität),
     
  • es nicht für den Zweck geeignet ist, den der Verbraucher dem Unternehmen vor dem Kauf mitgeteilt und dem der Unternehmer zugestimmt hat,
     
  • es nicht der bereits vorgestellten Testversion entspricht,
     
  • Bedienungsanleitungen oder Zubehörteile fehlen,
     
  • Aktualisierungen nicht durchgeführt werden,
     
  • die digitalen Inhalte oder Dienstleistungen seitens des Verkäufers unsachgemäß auf Ihrem Smartphone oder Ihrem Computer aufgespielt wurden.

Was muss man bei einer Reklamation beachten?

Wenn Sie einen Mangel feststellen, sollten Sie diesen sofort bei der Verkäuferin oder dem Verkäufer reklamieren, idealerweise schriftlich (d. h. per E-Mail oder per Post). Geben Sie hierzu Ihre Kunden- oder Bestellnummer an. Je länger Sie warten, desto schwieriger wird es, erfolgreich zu reklamieren.

In Deutschland gibt es keine Frist innerhalb derer reklamiert werden muss, nachdem der Fehler entdeckt wurde. Anders z. B. in Lettland. Hier liegt die Frist beim Kauf von Ware mit digitalen Elementen bei zwei Monaten, in Polen bei einem Jahr. In Finnland und in Schweden hingegen muss die Frist angemessen sein; mit zwei Monaten sind Sie hier auf der sicheren Seite.

Halten Sie sich nicht an die Fristen, verlieren Sie Ihre Rechte. Aber nur dann, wenn das ausländische Recht auf Ihren Kauf anwendbar ist.

Wenn Sie über eine ausländische Internetseite kaufen, gilt deutsches Recht, falls sich die Seite bewusst an deutsche Kundschaft richtet. Hierfür gibt es u. a. folgende Indizien:

  • Verwendung der Domain „de“
     
  • Internetseite in deutscher Sprache
     
  • Angabe einer Telefonnummer mit internationaler Vorwahl

Welche Rechte habe ich bei mangelhaften digitalen Produkten?

1. Recht auf Fehlerbeseitigung

Zunächst können Sie vom Verkäufer die kostenlose Beseitigung des Fehlers verlangen. Falls beispielsweise die gekaufte Software nicht funktioniert, muss Ihnen der Verkäufer eine fehlerfreie Software zum Download zur Verfügung stellen. Wenn die vorinstallierte App auf dem neu gekauften Fernseher nicht funktioniert, muss er Ihnen die App erneut zum Download anbieten. Der Verkäufer muss den Fehler innerhalb einer angemessenen Frist beseitigen. Drei Wochen sollten in der Regel reichen.

Achtung
Waren mit digitalen Elementen
werden in Sachen Gewährleistung als eine Einheit angesehen. Eine Smartwatch funktioniert nur mit der dazugehörigen App auf dem Handy. Sollte die App nicht funktionieren, können Sie das gesamte Produkt reklamieren und beispielsweise den Austausch der Smartwatch verlangen.

Waren mit nicht zwingend erforderlichen digitalen Inhalten werden hingegen nicht als eine Einheit betrachtet. Wenn also nur der digitale Teil nicht funktioniert, können Sie vom Verkäufer nur die Beseitigung des Fehlers an diesem Teil verlangen. Wenn Sie beispielsweise einen Fernseher gekauft haben, der Kauf zudem einen Streamingdienst beinhaltet und dieser nicht funktioniert, können Sie vom Verkäufer nur verlangen, dass er Ihnen den Streamingdienst zur Verfügung stellt. Sie können dagegen nicht den Austausch des Fernsehers fordern.

Bei manchen Produkten ist nicht eindeutig feststellbar, ob es als Ware mit digitalen Elementen anzusehen ist oder ob der digitale Bereich eine nebensächliche Funktion im Gesamtprodukt hat (Waren mit nicht zwingend erforderlichen digitalen Inhalten). Beispiel: ein smarter Kühlschrank, der nicht nur Lebensmittel kühlt, sondern über viele zusätzliche Funktionen verfügt (Unterbreiten von Rezeptvorschlägen, Warnung bei abgelaufenen Lebensmitteln etc.). Hier wird man davon ausgehen können, dass diese digitalen Funktionen eine entscheidende Rolle für das Gesamtprodukt spielen. Diese Funktionen spiegeln sich meistens auch in einem im Vergleich zu ähnlichen Artikeln ohne diese digitalen Funktionen höheren Preis wider. Das gleiche wird wohl für viele smarten Haushaltsgeräte gelten. Beispielsweise gibt es smarte Glühbirnen, die nicht nur leuchten, sondern mittels einer App oder eines Sprachassistenten gesteuert werden können. Funktionieren diese digitalen Features nicht, können Sie das gesamte Produkt reklamieren. Würden diese zusätzlichen digitalen Funktionen hingegen nur marginale Bedeutung für das Funktionieren des gesamten Produktes haben, gelten die Gewährleistungsansprüche getrennt für den digitalen Teil und das analoge Produkt. 

Das gleiche gilt für Paketverträge. Sind sowohl digitale Produkte bzw. Dienstleistungen als auch analoge Waren enthalten und defekt, ist dies getrennt voneinander zu reklamieren.

2. Erstattung des Kaufpreises gegen Rückgabe der Ware / Preisminderung

Wenn der Fehler bei dem digitalen Produkt nicht beseitigt werden kann bzw. erneut auftritt, können Sie eine Preisminderung, alternativ die Erstattung des Kaufpreises verlangen. Das gleiche gilt, wenn der Verkäufer nach Ihrer Reklamation den Fehler nicht innerhalb einer angemessenen Frist beseitigt. Drei Wochen sollten in der Regel reichen.

Wenn der Fehler erst einige Zeit nach dem Kauf auftritt und sie die digitale Dienstleistung zuvor nutzen konnten, kann der Verkäufer Ihnen hierfür einen Wertersatz in Rechnung stellen. Also einen finanziellen Ausgleich für die Dauer Ihrer Nutzung. Diesen zieht er vor der Erstattung vom Kaufpreis ab. Das gleiche gilt, wenn Sie ein digitales Produkt wie eine Software gekauft haben und sich der Fehler erst gezeigt hat, nachdem Sie die Software bereits eine Zeitlang genutzt haben.

Achtung
Sie dürfen das Produkt nicht mehr nutzen, sobald Sie die Erstattung des Kaufpreises gefordert haben.

Wenn Sie beim Kauf des digitalen Produkts einen Datenträger wie beispielsweise eine DVD erhalten haben, kann der Verkäufer von Ihnen verlangen, dass Sie ihn an den Verkäufer zurücksenden. Der Verkäufer muss die Kosten der Rücksendung übernehmen.

 

Was gilt bei Produkten mit digitalen Elementen?

Wenn das Produkt ohne das digitale Element seine Funktionen nicht erfüllen kann, gibt es keine Besonderheiten. Wenn das digitale Element mangelhaft ist, könne Sie die Erstattung des gesamten Kaufpreises gegen Rückgabe der Ware fordern. Der Verkäufer muss die Rücksendekosten übernehmen. Alternativ können Sie eine Preisminderung verlangen und das Produkt behalten. Das Notebook funktioniert beispielsweise nur mit einem Betriebssystem. Wenn dieses nicht funktioniert und der Verkäufer den Fehler infolge Ihrer Reklamation nicht beseitigt, können Sie die Erstattung des Kaufpreises des gesamten Notebooks verlangen. 

Bei den Waren mit nicht zwingend erforderlichen digitalen Inhalten können Sie hingegen zunächst nur die Erstattung des Kaufpreises des „digitalen Teils“ fordern. Erst wenn sich die Sache ohne das digitale Element nicht zur gewöhnlichen Verwendung eignet, können Sie die Erstattung des Kaufpreises des gesamten Produkts verlangen. Bei einem Auto, in dem Bluetooth nicht funktioniert und Sie deshalb bestimmte Funktionen nicht nutzen können, können Sie nicht vom gesamten Kaufvertrag zurücktreten, sondern nur die Erstattung des Preises für die Bluetooth-Funktion verlangen. In vielen Fällen werden die Gerichte erst noch klären müssen, wann sich eine Sache nicht mehr zur gewöhnlichen Verwendung eignet.

Wann habe ich diese Gewährleistungs-Rechte nicht?

  • Wenn der Käufer Ihnen Updates für das Produkt zur Verfügung stellt, Sie die Updates aber nicht aufspielen und der Fehler gerade darauf zurückzuführen ist.
     
  • Ansonsten kann Ihnen der Verkäufer diese Rechte nicht nehmen, auch nicht durch eine entsprechende Regelung in den AGB. Diese Rechte gelten beispielsweise immer auch für reduzierte Ware, auch wenn der Verkäufer in seinen AGB etwas anderes behauptet.  

Was versteht man unter Beweislastumkehr?

Die gesetzlichen Gewährleistungsrechte stehen Ihnen nur zu, wenn der Fehler bereits bei der Bereitstellung der Ware vorhanden war. Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist es ohne ein technisches Gutachten in der Regel nicht möglich, dies zu beweisen, falls der Fehler nicht schon bei der ersten Inbetriebnahme auftritt. Deswegen hat die EU die Beweislast verbraucherfreundlich neu geregelt:

Digitale Inhalte:

Es wird vermutet, dass der Fehler bei der Bereitstellung vorhanden war, wenn er sich in den ersten zwölf Monaten nach Bereitstellung der Ware zeigt. Nur, wenn das Unternehmen beweisen kann, dass Sie die Ware in einem fehlerfreien Zustand erhalten haben, muss es den Fehler nicht für Sie kostenfrei beseitigen. Diese Regelung gilt EU-weit.

Ab dem dreizehnten Monat müssen Sie dem Unternehmen beweisen, dass die Ware von Anfang an fehlerhaft war. In der Praxis ist dies ohne ein Sachverständigen-Gutachten oft nur schwer möglich.

Bei dauerhaft bereitgestellten digitalen Dienstleistungen und Produkten (z. B. Cloud-Speicherplatz, eine Sport-App) gilt die Beweislastumkehr für den gesamten Bereitstellungszeitraum. Also so lange, wie der Vertrag bislang läuft.

Unabhängig davon, wann der Fehler aufgetreten ist, liegt die Beweislast bei Ihnen, wenn das digitale Produkt nicht mit Ihrer digitalen Umgebung kompatibel ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich das Produkt nicht mit Ihrem Betriebssystem verwenden lässt oder wenn Sie Programme auf Ihrem Rechner installiert haben, die sich nicht zusammen mit dem digitalen Produkt nutzen lassen.  

Achtung
Sie sind dazu verpflichtet, mit dem Verkäufer zu kooperieren, wenn es darum geht, dies herauszufinden.

Ware mit digitalen Elementen:

Es wird vermutet, dass der Fehler an dem digitalen Element bei der Übergabe der Ware vorhanden war, wenn er sich innerhalb von 12 Monaten nach der Übergabe der Ware zeigt. Nur, wenn das Unternehmen beweisen kann, dass Sie die Ware in einem fehlerfreien Zustand erhalten haben, muss es den Fehler nicht für Sie kostenfrei beseitigen.

Bei dauerhaft bereitgestellten digitalen Elementen gilt die Beweislastumkehr für den gesamten Bereitstellungszeitraum. Dies kann also den Zeitraum von mindestens 24 Monaten überschreiten. Aber nur, wenn eine dauerhafte Bereitstellung im Vertrag vereinbart wurde. Ansonsten gilt 1 Jahr.

Wann verjähren die Gewährleistungsansprüche bei digitalen Produkten?

Die Gewährleistungsansprüche verjähren EU-weit frühestens nach zwei Jahren, so auch in Deutschland. Die Frist beginnt mit der Bereitstellung der digitalen Produkte. Bei dauerhafter Bereitstellung wie beispielsweise bei einem Cloud-Service verjähren die Ansprüche erst zwölf Monaten nach Ende des Bereitstellungszeitraums.

In Deutschland tritt die Verjährung aber nicht vor Ablauf von vier Monaten nachdem sich der Mangel erstmals gezeigt hat ein. Wenn sich der Mangel beispielsweise 23 Monate nach der Bereitstellung erstmalig gezeigt hat, tritt die Verjährung erst nach 27 Monaten ein, nicht bereits nach 24 Monaten.

In Spanien und Portugal tritt die Verjährung hingegen erst nach 3 Jahren ein. In Norwegen beträgt die Verjährungsfrist bei Produkten, die bei normalem Gebrauch wesentlich länger als 2 Jahre halten sollen, sogar fünf Jahre.

Bei gebrauchten Waren mit digitalen Inhalten können die Parteien in manchen EU-Länder die Verjährungsfrist durch eine Vereinbarung auf ein Jahr verkürzen. Diese Möglichkeit besteht beispielsweise in Deutschland, Griechenland, Ungarn, Italien, Österreich oder Polen. In Portugal kann die Verjährungsfrist auf 18 Monate verkürzt werden. In Frankeich hingegen beträgt die Verjährungsfrist immer zwei Jahre, nur die Beweislastumkehr wird bei Gebrauchtwaren reduziert.

Ansprüche wegen Verletzung der Aktualisierungspflicht verjähren nicht vor Ablauf von zwölf Monaten nach Ende des Zeitraums, innerhalb dessen die Updates bereitgestellt werden müssen.

 

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