Entschädigung bei Kreuzfahrten und Schiffsreisen: Welche Rechte gelten?
Hat die Fähre Verspätung oder wurde die Fahrt annulliert, können Sie von Ihren Fahrgastrechten Gebrauch machen. Wie die im Detail aussehen? Das ist situationsbezogen und reicht von einer Rückerstattung des Fahrpreises, über eine Entschädigungszahlung bis hin zur Fahrt mit einem vergleichbaren Schiff. Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Deutschland klärt auf.
Bei Kreuzfahrten gilt sowohl die Fahrgastrechteverordnung im See- und Binnenschiffsverkehr sowie das Pauschalreiserecht.
Hier finden Sie Informationen, welche Regelungen in welchen Fällen gelten.
Zusammenfassung
- Eine Kreuzfahrt ist eine Pauschalreise. Daher gilt Pauschalreiserecht. In einigen Fällen gilt aber zudem die Fahrgastrechteverordnung.
- Bei Verspätungen von Schiffsfahrten ist die Höhe der Entschädigung von zwei Faktoren abhängig: der planmäßigen Fahrtdauer und der Dauer der Verspätung am Zielhafen.
- Wird die Fahrt im Vorfeld annulliert oder kommt es zu einer mehr als 90-minütigen Verspätung, so haben Sie die Wahl zwischen der Erstattung des Fahrpreises und einer anderweitigen, vergleichbaren Fahrt zum nächstmöglichen Zeitpunkt an das ursprüngliche Endziel.
- Es gibt Fälle, in denen die Fahrgastrechte nicht greifen: Sorgen beispielsweise die Wetterverhältnisse dafür, dass der sichere Betrieb des Schiffes nicht gewährleistet werden kann, ist eine Entschädigung ausgeschlossen.
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Die EU-Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr
Wann gelten die EU-Fahrgastrechte?
- Die Rechte gelten für Reisen mit Schiffen, die in einem Hafen innerhalb der Europäischen Union ablegen.
- Bei Reisen mit Schiffen, die von einem Hafen außerhalb der EU ablegen und in einem Hafen innerhalb der Europäischen Union anlegen, sofern das Schifffahrtsunternehmen seinen Sitz in der EU hat.
- Die Fahrgastrechte gelten für Kreuzfahrten mit mehr als zwei Übernachtungen an Bord, bei denen noch weitere Dienste angeboten werden. Die Kreuzfahrt muss in einem Mitgliedsstaat beginnen.
Wann gelten die Fahrgastrechte im Schiffsverkehr nicht?
- bei Reisen auf Schiffen mit Zulassung für höchstens zwölf Personen
- bei Reisen auf Schiffen, deren Besatzung aus höchstens drei Personen besteht
- bei Reisen auf Schiffen ohne Maschinenbetrieb
- bei Reisen auf Kurzstrecken, wenn die einfache Strecke kürzer als 500 Meter ist
- bei Fahrten mit historischen Schiffen
- bei Ausflugs- und Besichtigungsfahrten, bei denen es sich nicht um Kreuzfahrten handelt
Über die Rechte von Schiffsreisenden informiert die Europäische Union.
Verspätete Ankunft am Zielhafen: Anspruch auf Entschädigung
Bei der Verspätung von Schiffsfahrten ist die Höhe der Entschädigung von zwei Faktoren abhängig: der planmäßigen Fahrtdauer des Schiffs und der Dauer der Verspätung.
Diese Regelungen gelten nicht für Kreuzfahrten.
Die Tabelle zeigt, wann Verbraucher eine Entschädigung von 25 Prozent des Fahrpreises verlangen können:
Verspätung am Zielhafen | Planmäßige Reisedauer |
---|---|
1 Stunde Verspätung | bis zu 4 Stunden |
2 Stunden Verspätung | mehr als 4 bis zu 8 Stunden |
3 Stunden Verspätung | mehr als 8 bis zu 24 Stunden |
6 Stunden Verspätung | mehr als 24 Stunden |
Beträgt die Verspätung am Zielhafen mehr als das Doppelte der in der linken Spalte genannten Zeit, stehen Ihnen 50 Prozent des Fahrpreises als Entschädigung zu.
Annullierung und Verspätung der Schifffahrt: Anspruch auf Erstattung des Fahrpreises
Die Fahrgastrechteverordnung sieht vor, dass Sie spätestens 30 Minuten nach der planmäßigen Abfahrtszeit über die Annullierung oder Verspätung informiert werden sollen.
Zeichnet sich im Vorfeld ab, dass sich die Abfahrt um mehr als 90 Minuten verspätet oder die Fahrt annulliert wird, haben Sie die Wahl:
- Fahrt mit einem anderen Schiff zum vorgesehenen Endziel – ohne Aufpreis zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Zudem müssen die Bedingungen vergleichbar sein, also ähnliche Reisedauer und Kabinenkategorie.
oder - Erstattung des Fahrpreises. Die Erstattung des Fahrpreises muss innerhalb von sieben Tagen erfolgen. Einen Gutschein können Sie annehmen, müssen Sie aber nicht.
Darüber hinaus haben Sie – in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit – Anspruch auf kostenlose Imbisse oder Erfrischungsgetränke, sofern diese verfügbar oder auf zumutbare Art und Weise zu beschaffen sind.
Sollte ein Aufenthalt von einer oder mehreren Nächten notwendig sein, muss zusätzlich eine angemessene Unterbringung an Bord oder an Land inklusive Hin- und Rückfahrt zum Schiff zur Verfügung gestellt werden.
Die Gesamtkosten der Unterbringung an Land (ohne Beförderungskosten) können für einen Fahrgast auf 80 Euro pro Nacht begrenzt werden. Zudem ist eine Beschränkung auf drei Nächte möglich.
So machen Sie Ihre Rechte geltend
- Lassen Sie sich Verspätungen oder Annullierungen immer schriftlich vor Ort vom Schiffs- oder Terminalbetreiber bestätigen.
- Bewahren Sie Tickets und Belege der Reise auf.
- Nach der Fahrgastrechteverordnung im See- und Binnenschiffsverkehr müssen Beschwerden innerhalb von zwei Monaten nach der Schiffsreise beim Schifffahrtsunternehmen eingereicht werden. Der Europäische Gerichtshof hat 2021 entschieden, dass diese Frist nicht für die Beantragung einer Entschädigung (für eine Verspätung) gilt. Dennoch erscheint es ratsam, diese zeitnah zu beantragen.
Wann habe ich keinen Anspruch auf Entschädigung bei Kreuzfahrten?
Insbesondere bei Wetterbedingungen, die den sicheren Betrieb des Schiffes beeinträchtigen und bei unvermeidbaren außergewöhnlichen Umständen (wie zum Beispiel Naturkatastrophen oder Kriege) besteht kein Anspruch auf Entschädigung.
Haben Sie die Verzögerung selbst verschuldet, können Sie ebenfalls keine Entschädigung verlangen.
Die Fahrgastrechteverordnung sieht weitere Ausnahmen vor. Zum Beispiel für Fahrgäste mit Fahrkarten ohne festgelegte Abfahrtszeiten.
Ihre Rechte auf Kreuzfahrten
Wird Ihre Kreuzfahrt annulliert oder verspätet sich die Ankunft, haben Sie das Recht auf Information und grundsätzlich auf Unterstützungsleistungen wie Imbisse, Mahlzeiten, Erfrischungen, Übernachtungen.
Ein Anspruch auf Entschädigung besteht bei Kreuzfahrten nicht. Hier gilt das Pauschalreiserecht.
Kreuzfahrt: Barrierefrei reisen
Schiffsbetreiber, Reisevermittler sowie Reiseveranstalter dürfen Personen mit eingeschränkter Mobilität die Beförderung nicht verweigern.
Es sei denn, geltende Sicherheitsanforderungen können durch die Mitnahme nicht gewährleistet werden oder die Bauart des Schiffes oder die Infrastruktur und Einrichtung des Hafens ermöglichen keine sichere Beförderung.
In diesem Fall müssen alle Anstrengungen unternommen werden, eine alternative Beförderungsmöglichkeit zu finden.
Kostenlose Mobilitätshilfen
In der Regel müssen Betreiber und Veranstalter von Schiffsreisen dafür sorgen, dass sowohl an Bord als auch am Hafen kostenlose Mobilitätshilfen bereitstehen.
Dies gilt allerdings nur, wenn die Inanspruchnahme einer Hilfeleistung bei Abschluss des Beförderungsvertrags oder mindestens 48 Stunden vor Abfahrt mitgeteilt wurde.
Weiterhin müssen sich die Passagiere zum vorgegebenen Zeitpunkt an den entsprechenden Kontaktpunkten einfinden.
Der Beförderer kann – in unbedingt notwendigen Fällen – verlangen, dass Personen mit eingeschränkter Mobilität von einer Begleitperson begleitet werden. In diesem Fall wird die Begleitperson kostenlos befördert.
Auslandskrankenversicherung nicht vergessen
Wer eine Kreuzfahrt unternimmt, sollte vor Reiseantritt unbedingt eine Auslandsreisekrankenversicherung abschließen. Nur so ist gewährleistet, dass im medizinischen Notfall die Behandlungskosten erstattet werden. Denn auf Kreuzfahrtschiffen arbeiten nur Ärzte, die privat abrechnen. Die Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) reicht nicht aus.
Finanziert durch die Europäische Union. Die geäußerten Ansichten und Meinungen sind jedoch ausschließlich die des Autors / der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Union oder des Europäischen Innovationsrates und der Exekutivagentur für kleine und mittlere Unternehmen (EISMEA) wider. Weder die Europäische Union noch die Bewilligungsbehörde können dafür zur Verantwortung gezogen werden.