Fluggesellschaft ist insolvent: Habe ich Anspruch auf Entschädigung?

Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg...Die Ereignisse der letzten Jahre haben die Fluggesellschaften von einer Krise in die nächste gestürzt. Einige kleinere Airlines konnten sich nicht halten und mussten Konkurs anmelden. Die Folge: gestrichene Flüge, gestrandete Passagiere, Verunsicherung.

Wir beantworten wichtige Fragen zu den Rechten von Fluggästen, zum Ablauf eines Insolvenzverfahrens und wie man sich vor einer Airline-Pleite schützen kann. Dazu listen wir insolvente europäische Fluggesellschaften auf.

Welche Rechte habe ich, wenn eine Airline pleitegeht?

Normalerweise muss Ihnen eine Fluggesellschaft bei Annullierung eines Fluges eine Ersatzbeförderung anbieten oder den Flugpreis erstatten.Geht eine Fluggesellschaft jedoch in Konkurs, sieht es schlecht aus. Das gilt vor allem für Reisende, die ihren Flug direkt bei der Airline, im Reisebüro oder über ein Online-Buchungsportal gekauft haben (Individualreisende). In den meisten Fällen müssen Sie bei einer Insolvenz selbst einen neuen Flug buchen.

Kann die Fluggesellschaft Ihre Ansprüche aufgrund des vorläufigen Insolvenzverfahrens nicht erfüllen, können Sie nur noch auf eine Entschädigung im Insolvenzverfahren hoffen.

Die Praxis zeigt jedoch, dass Individualreisende in der Regel auf ihren Kosten sitzen bleiben. Dies gilt auch für die durch den Flugausfall entstandenen zusätzlichen Reise- und Übernachtungskosten.

So können Sie versuchen, Ihr Geld zurückzubekommen

  • Chargeback bei Kreditkartenzahlung

Wenn  Sie Ihren Flug mit Kreditkarte bezahlt haben, können Sie ein sogenanntes Chargeback-Verfahren einleiten. Wenden Sie sich dazu an die Bank, die Ihnen die Kreditkarte ausgestellt hat. Beachten Sie dabei die geltenden Fristen.

  • Zahlungsdienstleister kontaktieren

Haben Sie die Zahlung über einen Zahlungsdienstleister wie PayPal abgewickelt, sollten Sie sich schnellstmöglich mit diesem in Verbindung setzen und eine Erstattung des gezahlten Betrags verlangen.

Pauschalreise: Urlauber sind über Reiseveranstalter abgesichert

Pauschalreisende sind über einen Sicherungsschein abgesichert und müssen sich bei einer Insolvenz der Fluggesellschaft keine allzu großen Sorgen machen. In einem solchen Fall muss sich der Reiseveranstalter um einen Ersatzflug kümmern.

Eine Pauschalreise besteht immer aus mindestens zwei Reiseleistungen, zum Beispiel Flug und Hotel. Oder Bahnfahrt und Flug.

Bietet eine Airline-Insolvenzversicherung Schutz im Insolvenzfall?

Grundsätzlich kann das Risiko einer Airline-Insolvenz nie ganz ausgeschlossen werden.

Informieren Sie sich am besten schon im Vorfeld über die jeweilige Fluggesellschaft, ob es Berichte gibt, dass die Airline zahlungsunfähig werden könnte.

Wer auf Nummer Sicher gehen will, kann über den Abschluss einer Insolvenzversicherung nachdenken. Die Leistungen unterscheiden sind je nach Anbieter. Manche Versicherungen erstatten den Ticketpreis, andere bieten Ersatztickets an.

Vergleichen Sie die Angebote und die Kosten einer solche Versicherung und lesen Sie sich die Versicherungsbedingungen genau durch.

Kommt es zu einer Airline-Insolvenz, sollten Sie sich umgehend mit der Versicherung in Verbindung setzen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Leider bieten heute immer weniger Versicherungen einen solchen Schutz gegen Airline-Insolvenz an.

Eine Insolvenzversicherung kann in der Regel nicht für einen Flug abgeschlossen werden, dessen Fluggesellschaft bereits insolvent ist.

Einzelheiten zum Insolvenzverfahren


Ist eine Airline insolvent, kann sie ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Ein Insolvenzverfahren beginnt immer dann, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Verfahrens beim Insolvenzgericht gestellt wird. Dies geschieht in der Regel durch das Unternehmen selbst, um eine Insolvenzverschleppung zu vermeiden. Unter bestimmten Voraussetzungen können aber auch die Gläubiger antragsberechtigt sein.
 

Wie läuft ein Insolvenzverfahren ab?

Nachdem der Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht gestellt wurde, wird zunächst geprüft, ob ein Insolvenzgrund vorliegt und ob das Vermögen (die sogenannte Insolvenzmasse) ausreicht, um die Kosten des Insolvenzgerichts und des Insolvenzverwalters zu decken.

Dann kann das Insolvenzverfahren durch Gerichtsbeschluss eröffnet werden. Ab diesem Zeitpunkt führt der Insolvenzverwalter die Geschäfte des Unternehmens. Ziel ist es, die Gläubiger der Fluggesellschaft gleichmäßig zu befriedigen. Dazu hat der Insolvenzverwalter verschiedene Möglichkeiten. Er kann zum Beispiel versuchen, das Unternehmen zu sanieren oder Unternehmensteile zu verkaufen.

Im sogenannten Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts werden die Gläubiger dann aufgefordert, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anzumelden.

Außerdem dürfen Schuldner der Airline nur noch an den Insolvenzverwalter und nicht mehr direkt an die insolvente Fluggesellschaft zahlen.


Bekomme ich am Ende des Insolvenzverfahrens mein Geld zurück?

Im Insolvenzverfahren gilt der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung, um einen „Wettlauf der Gläubiger“ im Insolvenzverfahren zu vermeiden.

Allerdings dauert ein Insolvenzverfahren in der Regel einige Zeit, bis die Gläubiger ihr Geld - manchmal auch nur teilweise - zurückerhalten.

Sind keine Vermögenswerte mehr vorhanden, gehen einige Gläubiger leer aus. Die Fluggäste sind in der Praxis häufig die Verlierer.

Europäische Fluggesellschaften, die Insolvenz anmelden mussten

Nachfolgend finden Sie Informationen zu europäischen Fluggesellschaften, die zwischen 2019 und 2023 Konkurs gingen und/oder ihren Betrieb eingestellt haben.

Die norwegische Fluggesellschaft Flyr AS ist am 1. Februar 2023 in Konkurs gegangen.

Betroffene Passagiere sollten ihre Ansprüche innerhalb von 4 Wochen nach dem 1. Februar 2023 per E-Mail an flyr@kvale.no anmelden. Insolvenzverwalter ist die Kanzlei Kvale, Postanschrift PB 1752 Vika, 0122 Oslo.

Die britische Fluggesellschaft Flybe hatte im März 2020 erstmals den Flugbetrieb eingestellt. Ein Neustart in kleinerem Umfang scheiterte, so dass der Flugbetrieb im Januar 2023 erneut eingestellt werden musste.

Individualreisende werden in den meisten Fällen leer ausgehen. Ansprüche können erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

Am 28. Januar 2023 wurden David Pike und Mike Pink von Interpath Advisory zu gemeinsamen Insolvenzverwaltern von Flybe benannt.

Aktuelle Informationen erhalten Sie bei der UK Civil Aviation Authority.

Nach Angaben der italienischen Luftfahrtbehörde ENAC hat die Fluggesellschaft Blue Panorama ihren Flugbetrieb im Oktober 2021 eingestellt.

Die Airline befindet sich im gerichtlichen Liquidationsverfahren. Das Verfahren wurde vom zuständigen Gericht in Mailand am 15.12.2022 eröffnet, nachdem der Sanierungsplan der Airline gescheitert war und keine Einigung mit möglichen Investoren erzielt werden konnte.

Passagiere, die eine Forderung gegen Blue Panorama haben, konnten diese bis zum 3. April 2023 anmelden. Wer diese Frist versäumt hat, kann die Forderung trotzdem noch innerhalb von 6 Monaten „verspätet“ anmelden, ohne dass dies nachteilige Folgen hat.

Wer eine Forderung im Insolvenzverfahren anmelden möchte, muss die Forderung mit den erforderlichen Beweisunterlagen per zertifizierter elektronischer Nachricht an lg87.2022milano@pecliquidazionigiudiziali.it senden. Andere Kommunikationsmittel (E-Mail, Fax etc.) werden nicht akzeptiert. Die Forderungsanmeldung muss in italienischer Sprache erfolgen.

Gläubiger sollten sich jedoch darüber im Klaren sein, dass das Verfahren mehrere Jahre dauern kann und es sehr fraglich ist, ob die Passagiere am Ende tatsächlich ihr Geld zurückbekommen, da sie nicht zu den bevorrechtigten Gläubigern gehören.

Weitere Informationen zum Verfahren finden Sie auf dem Gläubigerportal (Portale dei creditori).

Die italienische Fluggesellschaft Alitalia stellte im Oktober 2021 den Flugbetrieb ein. ITA (Italia Trasporto Aereo) Airways wurde im selben Monat als Nachfolgegesellschaft vorgestellt.

Der italienische Gesetzgeber hatte einen Garantiefonds eingerichtet, um die Erstattung annullierter Alitalia-Flüge sicherzustellen. Nach Angaben des zuständigen Ministeriums wurde Alitalia der entsprechende Betrag bereits im März 2022 gutgeschrieben, einige Fluggäste warten jedoch noch immer auf die Auszahlung der ihnen zustehenden Beträge.

Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Italien hat aufgrund zahlreicher Verbrauchermeldungen die zuständigen italienischen Behörden kontaktiert und auf die Situation der Passagiere aufmerksam gemacht.

Ende September 2022 teilten die zuständigen Rechtsanwälte mit, dass die Anträge auf Rückerstattung derzeit geprüft werden. Ob das EVZ Italien eine weitere Rückmeldung zu den einzelnen Beschwerden bzw. Anträgen erhält, ist nicht bekannt.

Betroffene Verbraucher können dieses Online-Formular von Alitalia ausfüllen, um die Erstattung (erneut) zu beantragen.

Die österreichische Fluggesellschaft Level Europe GmbH hat ihren Flugbetrieb im Juni 2020 den Flugbetrieb eingestellt. Betroffene Passagiere konnten ihre Ansprüche bis Mitte Juli 2020 beim Landgericht Korneuburg anmelden. Zuständige Insolvenzverwalter war Rechtsanwalt Dr. Michael Lentsch.

Der britische Touristikkonzern Thomas Cook Group plc hat am 23. September 2019 Insolvenz angemeldet.

Nur zwei Tage später stellten auch die deutschen Töchter Thomas Cook GmbH, Thomas Cook Touristik GmbH, Bucher Reisen & Öger Tours GmbH, Thomas Cook Airport Service GmbH, Thomas Cook Vertriebs GmbH und Neckermann einen Insolvenzantrag.

Betroffene Pauschalurlauber konnten ihre Unterlagen zur Anmeldung für die Ausgleichszahlungen des Bundes bis zum 31. Mai 2021 einreichen.

Weitere Informationen finden Sie hier: Ansprechpartner für die Thomas Cook Gesellschaften.

Weitere EU-Luftfahrtunternehmen, die ihren Flugbetrieb eingestellt haben und/oder insolvent sind. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

2023

  • Niceair (Island)
  • Novair (Schweden)
  • Blue Air Aviation SA (Rumänien)


2022

  • Jota Aviation (United Kingdom)
  • Air Leap (Schweden)
  • EGO Airways (Italien)


2021

  • Air Antwerp (Belgien)
  • Stobart Air (Irland)
  • Orange 2 Fly (Griechenland)
  • Great Dane Airlines (Dänemark)


2020

  • Air Italy (Italien)


2019

  • Adria Airways (Slowenien)
  • Aigle Azur (Frankreich)
  • XL Airways Germany (Deutschland)
  • Wow Air (Island)
  • Flybmi (Schottland)
  • Germania Fluggesellschaft mbH (Deutschland)
  • Astra Airlines (Griechenland)
     

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