Dark Patterns: Wie Internetseiten unser Nutzerverhalten manipulieren
Ein Produkt, das am Ende der Bestellung schnell hinzugefügt wird, eine vorwurfsvoll klingende Nachricht, weil ein Rabatt abgelehnt wurde – Viele Webseiten, Apps oder Soziale Medien nutzen sogenannte Dark Patterns (deutsch: dunkle Muster). Das sind technische Möglichkeiten, um Nutzer zu beeinflussen, damit diese klicken, kaufen oder persönliche Daten preisgeben. Wir erklären, woran man Dark Patterns erkennt.
Wie Online-Shops Verbraucherinnen und Verbraucher zum Kauf verleiten
Marketing-Strategien wie „Dark Patterns“ machen sich menschliche Eigenschaften zu Nutze. Sie spielen mit Neigungen wie Bequemlichkeit, Gier oder Eitelkeit und locken mit zusätzlichen Leistungen oder „kostenlosen“ Geschenken. Einige Beispiele:
Erschleichen: Zusätzliche Leistungen werden unbemerkt hinzugefügt
- Am Ende des Buchungs- oder Bestellvorgangs wird eine zusätzliche Dienstleistung oder ein Produkt hinzugefügt, das die Verbraucherinnen und Verbraucher eigentlich gar nicht haben möchten. Um den Vorgang nicht abbrechen und erneut beginnen zu müssen, zahlen sie den meist erschwinglichen, zusätzlichen Betrag. Beispiele: Aufgabegepäck für den Flug, Express-Versand bei Warenbestellungen, Leihgebühren für Bettwäsche und Handtücher bei der Ferienbuchung.
- Oder der Warenkorb enthält bereits automatisch ein oder mehrere Produkte, die erst gelöscht werden müssen, falls Sie diese nicht bestellen möchten.
- Es erscheint der Hinweis, dass nur ein wenig mehr Geld ausgegeben werden muss, um in den Genuss weiterer Extras zu kommen. Beispiele: Zusatzversicherung, Gratis-Produkte, Rabatt-Codes.
Irreführung und technische Hindernisse
- Eine vermeintlich „wichtige Nachricht“ erscheint auf dem Bildschirm – dabei handelt es sich auf den zweiten Blick lediglich um eine Werbeanzeige. Beispiel: „Ihre Bestellung wurde ausgeliefert.“
- Ungenaue Formulierungen führen Verbraucherinnen und Verbraucher in die Irre. Verneinte Aussagen oder doppelte Negationen führen dazu, dass Nutzerinnen und Nutzer das Gegenteil verstehen und etwas auswählen, was sie eigentlich abwählen wollen. Beispiel: „Ich möchte keinen Newsletter verpassen.“
Dark Patterns die Druck erzeugen
- Gut sichtbare Slogans oder Pop-Ups suggerieren eine erhöhte Nachfrage und die vermeintliche Notwendigkeit, sich schnell für den Kauf zu entscheiden, denn sonst ist das Schnäppchen weg. Beispiele: „Nur noch 1 Produkt zu diesem Preis auf unserer Seite verfügbar“, „Zeitlich begrenztes Angebot“, „5 Personen sehen sich den Artikel in diesem Moment an.“
- Es erscheint eine vorwurfsvoll klingende Nachricht, wenn die Bestellung abgebrochen oder ein Rabatt oder Produktvorschlag abgelehnt wurde. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen sich nach Erhalt der Nachricht für ihre Entscheidung schämen. Das wird als „Confirmshaming“ (Schuldzuweisung) bezeichnet. Beispiele: „Das ist aber schade!“, „Dein Einkaufskorb fühlt sich leer an. Brauchst Du eine Inspiration?“, "Nein danke, ich hasse es, Schnäppchen zu machen, ich zahle lieber den vollen Preis."
- Kundenbewertungen oder Videos von Influencerinnen und Influencern preisen die Produkte an. Diese Erfahrungsberichte fallen auffällig positiv aus.
Wie Verbraucherinnen und Verbrauchern ungewollte Abos untergejubelt werden
- Ein Pop-Up-Fenster bewirbt ein kostenloses Werbeprodukt und fordert zur Eingabe der Kreditkarteninformationen auf. Hier handelt es sich meist um ein verstecktes, kostenpflichtiges Abo mit Monats- oder Jahresbeiträgen, die über die Kreditkarte abgebucht werden.
- Ein Artikel wird zum Sonderpreis angeboten. Wer zu diesem Preis bestellt, schließt gleichzeitig eine Mitgliedschaft ab.
- Der Shop bietet Ihnen regelmäßige Lieferungen eines Produktes oder ähnlicher Produkte an, so lässt sich angeblich Geld sparen. Hier ist nicht nur fraglich, ob diese Produkte alle benötigt werden, sondern auch, wie und wann das Abo endet.
Wie Abos Nutzer fest im Griff haben
Das Abschließen eines Abonnements ist oft kinderleicht, doch eine Kündigung wird Verbraucherinnen und Verbrauchern erheblich erschwert. Gleichzeitig verlängert sich das Abo automatisch. Beispiele: Ein online abgeschlossenes Abonnement kann angeblich nur auf dem Postweg gekündigt werden; die Informationen zum Kündigungsprozess sind gut versteckt und der Kundenservice verweigert eine klare Auskunft. In Deutschland ist der Kündigungsbutton übrigens Vorschrift. Dadurch soll das Beenden eines Abos vereinfacht werden.
Gut zu wissen:
Amazon Prime wurde von der EU-Kommission gezwungen, seinen Kündigungsprozess einfacher zu gestalten. Kundinnen und Kunden sollen sich in Zukunft nicht mehr durch mehrere Seiten klicken müssen, um den Dienst abzubestellen.
Häufig ist es sinnvoll, Software-Updates durchzuführen, weil zum Beispiel Sicherheitslücken geschlossen oder neue Funktionen eingeführt werden. Manchen Änderungen möchten Verbraucherinnen und Verbraucher aber nicht zustimmen. Doch oft kündigen Apps und Software diese Aktualisierungen als „unumgänglich“ oder absolut „notwendig“ an, eine Ablehnung ist nicht möglich.
Gut zu wissen:
Die EU-Kommission hat die Kommunikations-App „WhatsApp“ 2021 aufgefordert, klarzustellen, welche Änderungen an den Nutzungsbedingungen und der Datenschutzrichtlinie erfolgen werden, um sie mit dem EU-Recht in Einklang zu bringen. Denn beim letzten Update konnten Verbraucherinnen und Verbraucher nicht wählen oder widersprechen. Sie wurden dazu gedrängt, neuen Nutzungsbedingungen und Änderungen im Datenschutz zuzustimmen, obwohl diese sehr schwer verständlich waren.
7 Tipps, um nicht auf Manipulationstechniken hereinzufallen
- Prüfen Sie, ob sich ein Angebot trotz der Kostenaufschläge immer noch lohnt. Vergleichen Sie die Preise auf verschiedenen Webseiten.
- Lass Sie sich durch Hinweise wie „Nur noch 1 Artikel auf Lager“ oder „5 Personen sehen sich das Produkt ebenfalls an" nicht unter Druck setzen.
- Gleichen Sie Ihren Bedarf mit dem Angebot ab. So können Sie übermäßigen Konsum vermeiden.
- Überprüfen Sie die Buchung oder Bestellung vor Abschluss noch einmal Punkt für Punkt. Löschen Sie unerwünschte Artikel/Optionen/Dienstleistungen.
- Lesen Sie die Kontrollkästchen und Optionen sorgfältig durch.
- Denken Sie daran, dass Sie möglicherweise ein Widerrufsrecht und damit 14 Tage Zeit haben, um Ihre Meinung zu ändern.
- Befassen Sie sich mit den Kündigungsfristen, bevor Sie ein Online-Abo abschließen.
Fallen Sie auf die Tricks rein? Machen Sie den Test mit dem Dark-Patterns-Spiel "Wer zustimmt, verliert" von der Verbraucherzentrale.
Dark Patterns, die Daten von Nutzerinnen und Nutzern sammeln
Vorsicht ist geboten, wenn auf einer Internetseite oder in einem sozialen Netzwerk …
- ein besserer Service versprochen wird, wenn die Standortermittlung eingeschaltet ist
- Konten standardmäßig so eingestellt sind, dass persönliche Daten und Einträge für alle sichtbar sind
- die Cookie-Auswahl „Alle akzeptieren“ als Standardauswahl vorgegeben und farblich hervorgehoben wird
- ein Pop-Up-Fenster erscheint und die E-Mail-Adresse eingegeben werden soll, um ein Geschenk oder Zusatzinformationen zu erhalten.
Diese Techniken haben alle nur ein Ziel: Verbraucherinnen und Verbrauchern ihre persönlichen Daten zu entlocken. Diese lassen sich weiterverkaufen und sind insbesondere für ein gezieltes Marketing sehr wertvoll. Aus Wohnort und Nutzerverhalten lässt sich ableiten, welche Werbung für welche Nutzerin beziehungsweise Nutzer interessant sein könnte.
Sind Dark Patterns legal? Diese gesetzlichen Regelungen gelten in der EU
Dark Patterns bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone: Mit der Einführung des Digital Services Act (DSA), der seit dem 17. Februar 2024 als EU-Verordnung in allen Mitgliedsstaaten gilt, gibt es eine einheitliche Regelung für Online-Plattformen auf EU-Ebene. Anbieter von Online-Plattformen sind dadurch zu mehr Schutz und Transparenz Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber verpflichtet.
Darunter fallen auch Regeln für den Einsatz von Dark Patterns. Der DSA schreibt vor, dass Plattform-Betreiber ihre Online-Schnittstellen nicht so konzipieren, organisieren oder betreiben dürfen, dass Nutzer dort getäuscht oder manipuliert werden, um eine freie informierte Entscheidung zu treffen. Damit wäre beispielsweise die Praktik nicht erlaubt, dass die Kündigung eines Dienstes schwieriger gestaltet wird, als die Anmeldung.
Manche Vorgehensweisen können aber auch als unlautere Geschäftsmethoden (UWG) betrachtet werden. Das ist der Fall, wenn für ein als „kostenlos“ beworbenes Produkt gezahlt werden muss oder wenn mit attraktiven Preisen für Artikel geworben wird, die aber nicht lieferbar sind.
Was heißt das konkret?
Sind die manipulativen Tricks also illegal? "Dark Patterns" ist letztlich ein Sammelbegriff, der viele Dinge umfassen kann. In Bezug auf die manipulativen Muster entscheidet daher die Prüfung des Einzelfalls, ob eine bestimmte Methode oder Werbemaßnahme gegen den DSA oder das UWG tatsächlich verstößt.
Dark Patterns melden
Der DSA ermöglicht es Verbraucherinnen und Verbrauchern sich gegen Dark Patterns & Co. zu wehren und diese der zuständigen Behörde zu melden. Denn jeder EU-Mitgliedsstaat muss einen Digital Services Coordinator (Nationalen Koordinator für digitale Dienste) einrichten. In Deutschland übernimmt die Bundesnetzagentur diese Aufgabe. Über das Online-Formular der Zentralen Beschwerdestelle der Bundesnetzagentur können Verbraucherinnen und Verbraucher Verstöße gegen den DSA melden. Darunter fallen zum Beispiel Transparenzprobleme bei Online-Werbung oder irreführende oder manipulative Aufmachung eines Dienstes, also Dark Patterns. Eine Übersicht der Digital Services Coordinator gibt die EU-Kommission auf ihrer Website.
Finanziert durch die Europäische Union. Die geäußerten Ansichten und Meinungen sind jedoch ausschließlich die des Autors / der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Union oder des Europäischen Innovationsrates und der Exekutivagentur für kleine und mittlere Unternehmen (EISMEA) wider. Weder die Europäische Union noch die Bewilligungsbehörde können dafür zur Verantwortung gezogen werden.