Reparieren statt Wegwerfen: Reparatur von Elektrogeräten soll europaweit einfacher werden

77 % der Menschen in Europa würden ihre Elektrogeräte lieber reparieren lassen, anstatt neue zu kaufen, so ein Eurobarometer von April 2022.

Um Verbraucherinnen und Verbrauchern genau das zu ermöglichen, arbeitet die Europäische Kommission an einem Gesetzesvorschlag, der bis Ende 2022 vorliegen soll.

Seit 1. März 2021 gelten bereits europaweit neue Regelungen, die die Reparatur bestimmter Geräte vereinfachen. Doch viele EU-Staaten gehen entschieden weiter und sind Vorreitern in Europa. 

Vor diesem Hintergrund treffen sich die Europäischen Verbraucherzentren (EVZ) heute mit EU-Kommissar Didier Reynders, um ihm ihre Vorschläge zur Stärkung der Verbraucherrechte zu unterbreiten.

Dieser „Policy Dialogue“ kann im Live-Stream verfolgt werden. 

Weniger Elektroschrott dank EU-Ökodesign-Richtlinie

Seit dem 1. März 2021 gelten für Geräte wie Geschirrspüler, Waschmaschinen, Kühlgeräte aber auch Bildschirme (inkl. TV-Geräte) bessere Bedingungen, die eine Reparatur attraktiver machen sollen: 

  • Hersteller müssen dafür sorgen, dass Ersatzteile mit handelsüblichen Werkzeugen ausgetauscht werden können. Umd zwar, ohne dass man das Gerät dabei beschädigen muss.
  • Ersatzteile müssen für eine bestimmte Zeitspanne nach dem Kauf lieferbar sein. Zum Beispiel 7 Jahre lang bei Kühlgeräten oder 10 Jahre lang bei Waschmaschinen. Welche Ersatzteile dies sind, können Verbraucherinnen und Verbraucher nun einer Liste entnehmen, die der Verkäufer zur Verfügung stellen muss. 
  • Ersatzteile müssen zeitnah geliefert werden und zwar innerhalb von maximal 15 Tagen.
  • Verbraucherinnen und Verbraucher haben das Recht, "nicht-sicherheitsrelevante" Ersatzteile wie beispielsweise Türscharniere oder Türgriffe selbst zu kaufen. "Fachlich kompetente Reparateure" hingegen können auch sicherheitsrelevante Ersatzteile erwerben.
  • "Fachlich kompetente Reparateure" müssen freien Zugang zu entsprechenden Reparatur-Anleitungen der Hersteller erhalten.

Außerdem müssen Verbraucherinnen und Verbraucher bereits beim Kauf über typische Mängel des Produktes (z. B. Dichtungen oder Griffe), die Reparierbarkeit dieser Mängel und die hierfür entstehenden Kosten informiert werden.

Diese Informationen werden in einem Datenblatt auf der Herstellerseite angeboten. 

    Nachhaltige Maßnahmen in anderen EU-Ländern

    Frankreich

    Vorreiter Frankreich ermutigt Verbraucherinnen und Verbraucher dazu, Geräte zu reparieren, anstatt sie zu ersetzen.

    Neben einem Reparaturfähigkeitsindex können Verbraucher auf einer Webseite des zuständigen Ministeriums Anlaufstellen finden, die Produkte reparieren, recyceln, zurückkaufen oder eine andere nachhaltige Lösung anbieten.

    Außerdem laufen während der Dauer einer Reparatur die Verjährungsfristen der gesetzlichen Gewährleistungsrechtenicht weiter.

    Oder sie verlängern sich um 6 Monate, wenn man sich für die Reparatur statt für einen Austausch gegen ein neues Produkt entscheidet. Bis Ende dieses Jahres will Frankreich einen Reparaturfond einrichten, der Verbraucherinnen und Verbraucher bei Reparaturen finanziell entlasten soll.

    Österreich

    Österreich verteilt Reparaturbons an Bürgerinnen und Bürger.

    Die Gutscheine decken die Hälfte der Reparaturkosten von Elektrogeräten bis zu einem Höchstbetrag von 200 Euro ab.

    Griechenland

    Griechenland wiederum verpflichtet die Verkäuferin bzw. den Verkäufer, Ersatzteile während der geschätzten Lebensdauer des Produkts zu liefern.

    Mehrwertsteuersenkungen

    Insgesamt neun Länder haben die Mehrwertsteuer für kleine Reparaturen an Produkten wie Schuhen, Kleidung, oder Fahrrädern gesenkt.

    So zum Beispiel Belgien und Portugal auf 6 %, Luxemburg auf 8 %, die Niederlande auf 9 % und Schweden auf 12 %.
     

    Recht auf Reperatur in Europa: In unserem Artikel finden Sie weitere Maßnahmen von 18 europäischen Ländern im Überblick.

    Unsere Vorschläge für ein effektives Recht auf Reparatur

    EU-Justizkommissar Didier Reynders trifft sich am 17. Mai 2022 mit jungen Menschen aus ganz Europa in Brüssel, um mit ihnen Maßnahmen für ein effektiveres Recht auf Reparatur zu diskutieren.

    Neben Studierenden, Umweltaktivisten und jungen Entrepreneuren werden auch zwei Vertreter des Netzwerks der Europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net) mit von der Partie sein. 

    Anlässlich dieses "Policy Dialogues" hat das ECC-Net Kommissar Reynders seine Forderungen und Vorschläge übermittelt, die sich unter anderem an den in anderen Mitgliedstaaten bewährten Maßnahmen orientieren.

    So halten wir es für wichtig, dass der europäische Gesetzgeber den Herstellern bereits bei der Entwicklung der Produkte Vorgaben hinsichtlich Haltbarkeit und Reparaturfähigkeit macht.  

    Daneben unterstützen sie die EU-weite Einführung eines digitalen Produktpasses, der die wesentlichen Merkmale eines Produktes wiedergeben soll.

    Jedoch halten wir es für notwendig, neben Angaben zur Zusammensetzung eines Produktes auch Informationen zur Reparierbarkeit, dem sozialen und ökologischen Fußabdruck, der Lieferkette sowie den gesetzlichen Gewährleistungsrechten und freiwilligen Garantien einzuschließen.

    Sie haben die Möglichkeit, den "Policy Dialogue" im Webstream live mitzuverfolgen (17. Mai 2022, 14:30 Uhr bis 16:30 Uhr)
     

    "Policy Dialogue" zum Recht auf Reparatur mit EU-Kommissar Reynders: offizieller Webstream der EU-Kommission (17. Mai 2022, 14:30 Uhr bis 16:30 Uhr)

     

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