Verträge mit Minderjährigen – was Kinder dürfen und was nicht

Handyverträge, Abonnements, In-App-Käufe, Käufe von Produkten, die in sozialen Medien beworben werden – wenn Minderjährige (im Internet) Verträge abschließen, stellt sich die Frage, ob dies dazu führt, dass sie oder ihre Eltern die Rechnung bezahlen müssen.

Die Frage stellt sich, weil das Gesetz Einschränkungen für die Geschäftsfähigkeit von Personen unter 18 Jahren vorsieht.

Wir gehen auf die Probleme ein, die sich für Minderjährige und ihre Eltern ergeben können, wenn im jugendlichen Alter Verträge abgeschlossen werden.

Wie regelt das deutsche Recht die Geschäftsfähigkeit von Minderjährigen?

Das deutsche Recht unterscheidet bei der Geschäftsfähigkeit von Minderjährigen zwischen Kindern unter 7 Jahren und Minderjährigen zwischen 7 und 18 Jahren.

Kinder unter 7 Jahren sind geschäftsunfähig, § 104 Nr. 1 BGB. Das bedeutet, dass eine Willenserklärung, die ein Kind unter 7 Jahren abgibt, unwirksam ist. Ein Kind unter 7 Jahren kann also keinen Vertrag abschließen.

Minderjährige zwischen 7 und 18 Jahren sind beschränkt geschäftsfähig, § 106 BGB.

Welche Verträge können Minderjährige zwischen 7 und 18 Jahren abschließen?

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit bezieht sich auf zwei Fälle, in denen wirksame Verträge geschlossen werden können. Hinzu kommt als Besonderheit und dritte Möglichkeit der sogenannte Taschengeldparagraph.

1. Nur rechtlich vorteilhafte Geschäfte

Der erste Fall wird im Gesetz als Geschäft bezeichnet, das für den Minderjährigen „lediglich rechtlich vorteilhaft“ ist. Der Minderjährige darf also durch das Geschäft keinen rechtlichen Nachteil erleiden. Ein rechtlicher Nachteil liegt z. B. vor, wenn man verpflichtet ist, den Kaufpreis zu zahlen. 

Da bei einem Kaufvertrag immer die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises besteht, kann ein solcher Vertrag für einen Minderjährigen nie nur rechtlich vorteilhaft sein.

Dennoch gibt es Situationen, in denen Minderjährige Kaufverträge und andere rechtlich nachteilige Geschäfte abschließen können. Das ist der Fall, wenn die Eltern zugestimmt haben oder der Minderjährige z. B. den Kaufpreis vollständig mit seinem Taschengeld bezahlt hat.

Ob der Minderjährige wirtschaftlich gesehen ein Schnäppchen gemacht hat, spielt dagegen rechtlich keine Rolle. Auch wenn der Minderjährige z. B. für 400 € eine Ware gekauft hat, die eigentlich 700 € kostet, müsste der Minderjährige den Kaufpreis von 400 € bezahlen. Dies ist ein rechtlicher Nachteil, auch wenn das Geschäft wirtschaftlich vorteilhaft erscheint.

Keinen rechtlichen Nachteil hat der Minderjährige in der Regel, wenn ihm etwas geschenkt wird.

2. Verträge mit Zustimmung der gesetzlichen Vertreter

Ist das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen nicht nur rechtlich vorteilhaft, so kann der 7 bis 17-Jährige einen wirksamen Vertrag abschließen, wenn sein gesetzlicher Vertreter zugestimmt hat. Das sind in der Regel beide Elternteile.

Die Eltern können ihre Zustimmung auf zwei Arten erteilen – vor Vertragsabschluss oder danach.

Haben die Eltern vorher zugestimmt – so genannte Einwilligung – ist der Vertrag des Minderjährigen wirksam. Die bloße Einwilligung der Eltern, dass das Kind ein Smartphone nutzen darf, bedeutet aber noch nicht, dass sie zum Beispiel auch In-App-Käufen zustimmen.

Haben die Eltern nicht vorher eingewilligt, kommt es darauf an, ob sie dem Vertrag nachträglich zustimmen – das Gesetz spricht von Genehmigung. Durch die Genehmigung wird der Vertrag wirksam. Verweigern die Eltern die Zustimmung, ist der Vertrag unwirksam.

3. Der Taschengeldparagraph

Einen Sonderfall regelt der Taschengeldparagraph, § 110 BGB. Er sieht vor, dass ein Vertrag eines Minderjährigen unter bestimmten Voraussetzungen auch dann als wirksam angesehen werden kann, wenn der Vertrag rechtlich nachteilig ist und die Eltern dem konkreten Vertrag nicht ausdrücklich zugestimmt haben.

Das Gesetz setzt zum einen voraus, dass dem Minderjährigen Taschengeld entweder für den konkreten Vertrag (in vielen Fällen wird es sich um Kaufverträge handeln) oder zur freien Verfügung überlassen worden ist. Das Taschengeld kann sowohl von den Eltern als auch z. B. von den Großeltern überlassen worden sein, wenn die Eltern damit einverstanden sind.

„Zur freien Verfügung“ bedeutet aber nicht, dass Minderjährige mit ihrem Taschengeld jeden beliebigen (Kauf)vertrag abschließen können. Denn in aller Regel kann man nicht davon ausgehen, dass die Eltern z. B. mit dem Kauf von brutalen Computerspielen einverstanden sind.

Der Taschengeldparagraph erfasst also keine Fälle, in denen vernünftigerweise nicht von einem Einverständnis der Eltern ausgegangen werden kann. Die Eltern haben auch die Möglichkeit, festzulegen, dass ihre Kinder bestimmte Waren nicht vom Taschengeld kaufen dürfen.

Zum anderen verlangt das Gesetz, dass der Minderjährige seine Verpflichtung vollständig erfüllt hat.

Hat der Minderjährige also z.B. erst 50 € des Kaufpreises von 80 € bezahlt, ist der Vertrag noch nicht wirksam. Der Taschengeldparagraph gilt also nicht bei Ratenzahlungen.

Er gilt auch nicht für den Abschluss eines Abonnements, bei dem der Minderjährige regelmäßige Zahlungen zu leisten hat.

Einen Handyvertrag oder ein Abo kann ein Minderjähriger daher ohne Zustimmung der Eltern nicht abschließen.

Was tun, wenn der Minderjährige eine Rechnung erhält und zur Zahlung aufgefordert wird?

In diesem Fall gilt es, Ruhe zu bewahren und zu prüfen, was der Betreiber der Internetseite geltend macht. Behauptet er, der Minderjährige habe mit ihm einen kostenpflichtigen Vertrag geschlossen, kommt es nach deutschem Recht wie oben beschrieben darauf an, ob das Geschäft lediglich rechtlich vorteilhaft ist, ob eine Zustimmung der Eltern vorliegt oder ob der Taschengeldparagraph greift.

Liegt keiner dieser Fälle vor, dann kann ein Minderjähriger keinen wirksamen Vertrag für sich abschließen.

Handelt es sich um ein Abonnement, das der Minderjährige angeblich abgeschlossen hat, müssen die Eltern zugestimmt haben. Wenn sie dem Betreiber der Internetseite mitteilen, dass sie den Abschluss des Vertrags nicht genehmigen, ist der Vertrag unwirksam. Der Betreiber hat dann keinen Anspruch auf Zahlung.

Auch wenn der Minderjährige zuvor angegeben hat, volljährig zu sein, kommt kein wirksamer Vertrag zustande. Denn: Rechtlich zählt nur das tatsächliche Alter.

Nutzt der Minderjährige wiederholt das Benutzerkonto der Eltern, um z. B. In-App-Käufe zu tätigen, kann dies so verstanden werden, dass die Eltern mit den Käufen einverstanden sind. Es ist daher nicht auszuschließen, dass in diesem Fall ein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist, der zur Zahlung verpflichtet.

Sind Schadensersatzansprüche gegen die Eltern wegen Verletzung der Aufsichtspflicht denkbar?

Eine Haftung der Eltern für ihre Kinder kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. In der Regel kann den Eltern keine Verletzung der Aufsichtspflicht vorgeworfen werden.

Zu Schadensersatzansprüchen gegen Eltern wegen Verletzung der Aufsichtspflicht hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) im Zusammenhang mit der Teilnahme von Minderjährigen an einer Internet-Tauschbörse geäußert, durch die Urheberrechte verletzt wurden. Zum Urteil des BGH.

Der BGH hat entschieden, dass Eltern ihrer Aufsichtspflicht grundsätzlich genügen, wenn sie das Kind über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an einer Internettauschbörse belehren und ihm die Teilnahme daran verbieten. Nicht ausreichend ist es jedoch, das Kind lediglich auf die Einhaltung allgemeiner Verhaltensregeln hinzuweisen.

Die Eltern sind nicht verpflichtet, die Nutzung des Internets durch das Kind grundsätzlich zu überwachen, den Computer grundsätzlich zu überprüfen oder dem Kind grundsätzlich den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren. Dazu sind sie aber verpflichtet, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich das Kind nicht an das Verbot hält.

Zu welchen Überwachungsmaßnahmen die Eltern verpflichtet sind, hängt nach der Entscheidung des BGH von dem jeweiligen Kind ab; eine entscheidende Rolle spielt dabei, ob es Erziehungsmaßnahmen befolgt.

Nutzen Sie unseren Musterbrief: Abo-Falle Minderjährige (27 KB)

[Nur Daten angeben, die dem Gegenüber bereits bekannt sind!]

Max Mustermann

Musterstraße 1

PLZ / Stadt

Deutschland

 

 

Firma XY

Straße & Hausnummer

PLZ / Stadt

Land

 

 

Datum: .........

 

Ihre unberechtigte Forderung – “Rechnungs-Nr./ Kunden-Nr. …………”

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

in Ihrem Schreiben vom XX.XX.XXXX machen Sie einen Betrag in Höhe von ............€ gegen mein minderjähriges Kind geltend und behaupten, dass mein Sohn/ meine Tochter (Unzutreffendes löschen) ein Abonnement für Internetdienstleistungen eingegangen ist.

Die von Ihnen geltend gemachte Forderung übersteigt bei weitem das Taschengeld, das mein Kind zur freien Verfügung erhält. Deshalb kommt der sogenannte Taschengeldparagraph (§ 110 BGB) nicht zur Anwendung und ohne Einwilligung der Erziehungsberechtigten kein wirksamer Vertrag zustande.

Von einem angeblich zwischen Ihnen und meinem minderjährigen Kind bestehenden Vertrag ist mir nichts bekannt. In einen derartigen Vertragsabschluss habe ich weder eingewilligt, noch genehmige ich einen solchen Vertrag nachträglich. Rechtlich wäre ein solcher Vertrag also unwirksam, so dass Sie daraus keine Forderungen ableiten können.

Im Übrigen sind Sie verpflichtet, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die von Ihnen behauptete Vereinbarung wirksam zustande gekommen ist. Dies gilt ebenfalls in Hinblick auf die ordnungsgemäße Belehrung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zum Fernabsatz und die Einhaltung Ihrer Informationspflichten gemäß §§ 312d Abs. 1, § 312e BGB in Verbindung mit Art. 246a EGBGB. Auch diesen Nachweis haben Sie nicht erbracht.

Rein vorsorglich erkläre ich bezüglich des von Ihnen behaupteten Vertrages im Namen meines Kindes den Widerruf entsprechend den Vorschriften über Fernabsatzverträge und die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Ebenso fechte ich vorsorglich die möglicherweise von meinem Kind abgegebene Willenserklärung an wegen Irrtums über deren Inhalt. Insoweit wird auf die Urteile des OLG Frankfurt/M, Az. 6 U 186/07 und 6 U 187/07 verwiesen.

Ihrer Zahlungsaufforderung werde ich daher nicht nachkommen und gehe davon aus, dass sich die Angelegenheit hiermit erledigt hat.

Außerdem fordere ich Sie auf, die von Ihnen über mich und mein Kind gespeicherten Daten unverzüglich zu löschen.

Von weiteren ungerechtfertigten Drohungen, insbesondere durch Hinweise auf Strafverfahren, die Eintragung dieser bestrittenen Forderung bei der Schufa oder Ähnliches sollten Sie Abstand nehmen. Weitere rechtliche Schritte behalte ich mir vor.

 

Mit freundlichen Grüßen

Max Mustermann

Internet-Falle melden

Sie sind an einen Fake-Shop geraten oder in eine Abofalle getappt? Sie haben eine unseriöse Nachricht erhalten oder sind auf andere Weise Opfer eines Betrugsversuchs geworden?

Dann melden Sie es der „Watchlist Internet“. Experten prüfen Ihre Meldung und warnen andere Nutzerinnen und Nutzer vor Internetfallen. 

Die unabhängige Internetplattform wird u. a. von österreichischen Behörden, Ministerien und Unternehmen finanziert. Der Erfahrungsaustausch hilft Internetbetrug aufzudecken und Opfern konkret zu helfen.

Zum Meldeformular von Watchlist Internet.

Finanziert durch die Europäische Union. Die geäußerten Ansichten und Meinungen sind jedoch ausschließlich die des Autors / der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Union oder des Europäischen Innovationsrates und der Exekutivagentur für kleine und mittlere Unternehmen (EISMEA) wider. Weder die Europäische Union noch die Bewilligungsbehörde können dafür zur Verantwortung gezogen werden.