Rechtsdurchsetzung im EWR bei Problemen mit Dienstleistern

Welche individuellen und kollektiven Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung stehen Ihnen zur Verfügung? Wir klären Sie über die verschiedenen Verfahren auf.

I. Individuelle Rechtsdurchsetzung

Sie haben zum Beispiel in Frankreich Ihren Wagen reparieren lassen und stellen später Mängel fest? Oder Sie haben einen Handwerker aus den Niederlanden zu sich nach Hause bestellt und dieser führt die Arbeit fehlerhaft aus? Dann haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen als Verbraucherin oder Verbraucher mit deutschem Wohnsitz zwei Möglichkeiten, um gegen einen solchen Dienstleister vorzugehen.

Sie können außergerichtlich mithilfe des Netzwerks der Europäischen Verbraucher­zentren (ECC-Net), eine Verbraucherbeschwerde kostenlos einlegen oder gerichtlich vorgehen und eine Klage am dafür zuständigen Gericht einreichen.

1. Außergerichtliche Rechtsdurchsetzung: Das Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren

Das Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren ist ein europaweites Netzwerk zur Unterstützung von Verbraucherinnen und Verbrauchern.

Wenn Sie in Deutschland wohnen, können Sie sich an das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) wenden.

Das EVZ Deutschland informiert Sie kostenlos und umfassend über Ihre Verbraucherrechte in Europa, damit Sie die Vorteile des europäischen Binnenmarktes nutzen können.

Außerdem unterstützen Sie die Juristen des Europäischen Verbraucherzentrums bei Streitigkeiten mit einem Händler im EU-Ausland, Island oder Norwegen, wenn Sie alleine nicht weiterkommen.

Ziel ist es, mit den Unternehmen eine einvernehmliche, außergerichtliche Lösung zu finden.

Ermöglicht wird dies durch die öffentlichen Mittel, die dem EVZ Deutschland vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) sowie der EU-Kommission zur Verfügung gestellt werden.

2. Verbraucherbeschwerden gegen einen Dienstleister

Ihre persönlichen Bemühungen gegenüber dem Dienstleister waren erfolglos und er weigert sich, Ihre Rechte als Verbraucherin oder Verbraucher anzuerkennen?

Dann können Sie sich gerne mit Ihrer Beschwerde an uns wenden. Nach Prüfung der Rechtslage mithilfe der von Ihnen zur Verfügung gestellten Dokumente kontaktieren unsere Juristen das EVZ im jeweiligen Land des Dienstleisters.

Das EVZ im Land des Dienstleisters wird dann den Dienstleister in der offiziellen Landessprache um eine Stellungnahme bitten und ihn dazu auffordern, seinen Pflichten gegenüber Ihnen nachzukommen.

Sollte die Beschwerde keinen Erfolg haben, dann steht Ihnen der Rechtsweg weiterhin offen.

Sie können weiterhin die Europäischen Gerichtsverfahren einleiten oder vor Gericht klagen.

3. Welche Europäischen Gerichtsverfahren gibt es?

Sollten Sie mit Ihrer Europäischen Verbraucherbeschwerde keinen Erfolg haben, können Sie immer noch als Alternative zur Klage ein Europäisches Gerichtsverfahren einleiten. Gerne beraten wir Sie zu diesen Verfahren. Dies sind zum einen das EU-Mahnverfahren und zum anderen das Verfahren für geringfügige Forderungen.

3.1. Das Europäische Mahnverfahren (EPO)

Dieses Verfahren kann nur durchgeführt werden, wenn Sie vom Antragsgegner die Zahlung eines Geldbetrags fordern. Voraussetzung ist auch, dass es sich um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt handelt.

Ihre Vorteile bei der Einleitung eines Europäischen Mahnverfahrens:

  • Ein Rechtsanwalt ist nicht notwendig.
  • Wenn Ihr Antrag Erfolg hat, trägt Ihr Beschwerdegegner die Verfahrenskosten.
  • Für die Einleitung des Verfahrens müssen Sie nur auf der Internetseite des Europäischen Justizportals das Formblatt A ausfüllen.


Wann eignet sich das Mahnverfahren?

Das Verfahren kommt für Sie infrage, wenn die beiden folgenden Punkte erfüllt sind:

1. Grenzüberschreitender Rechtsstreit:
Ihr Wohnsitz und / oder der Wohnsitz des Beklagten befindet sich in einem anderen EU-Mitgliedstaat (außer Dänemark) als das Gericht, bei dem Sie das Verfahren einleiten.

2. Zivil- oder handelsrechtliche Streitigkeit:
Typische zivilrechtliche Streitigkeiten sind:  

  • Nach Vertragsrücktritt fordern Sie den Kaufpreis zurück (Online-Kauf).
  • Sie fordern Schadensersatz wegen der Lieferung defekter Ware.
  • Sie fordern eine Entschädigung von der Airline wegen einer Flugannullierung.

Hinweis: Das Europäische Mahnverfahren kann u.a. nicht in Steuer-, Zoll-, Verwaltungs und Unterhaltsangelegenheiten beantragt werden.


Wo leite ich das Verfahren ein?

Grundsätzlich gilt, dass Sie Ihren Antragsgegner in dem Staat verklagen müssen, in dem dieser wohnt. Es gibt allerdings Ausnahmen. Denn so können oder müssen Sie in vielen Fällen auch in Deutschland klagen, so zum Beispiel: 

  • Sie haben Ware über das Internet bestellt: Wenn der ausländische Händler eine deutsche Internetseite betreibt oder die Internetseite über eine deutsche oder internationale Domain wie „com“, „net“ oder „de“ verfügt, können Sie auch in Deutschland Klage einreichen.
  • Sie fordern Geld von einer Airline: Wenn Sie eine europäische Airline verklagen, können Sie das Verfahren alternativ vor dem zuständigen Gericht des Staates einleiten, auf dessen Gebiet sich der Abflug- und der Ankunftsflughafen befinden.
  • Sie fordern Geld von Ihrem Vermieter: In diesem Fall sind ausschließlich die Gerichte in dem Staat zuständig, in dem sich die Immobilie befindet.
  • Sie fordern Geld von Ihrer ausländischen Versicherung: In diesem Fall können Sie die Versicherung auch in Deutschland verklagen.

Bedenken Sie: Wenn Sie das Europäische Mahnverfahren in Deutschland einleiten, müssen Sie den Antrag beim Amtsgericht Berlin Wedding stellen. Alle örtlich zuständigen Gerichte in der EU finden Sie über den europäischen Gerichtsatlas.


Das Formblatt A - Was ist das?

Es handelt sich um ein Musterformular, das Sie ausfüllen müssen, um das Mahnverfahren einleiten zu können.


Wo ist finden Sie das Formblatt A?

Die Formulare A bis G finden Sie auf der Internetseite der Europäischen Kommission: E-Justice. Wählen Sie den Unterordner „Dynamische Formulare“ und dort die Verfahrensart „Europäischer Zahlungsbefehl“. Der Online-Versand des Formulars ist leider noch nicht möglich. Öffnen Sie daher am besten die PDF-Datei und füllen Sie diese an Ihrem PC aus. Drucken Sie das ausgefüllte Formular aus und schicken Sie es unterschrieben und mit allen notwendigen Anhängen an das zuständige Gericht zu. 


In welcher Sprache muss das Formular A ausgefüllt werden? 

Das hängt davon ab, an welches Gericht Sie das Formular versenden. Verwenden Sie die deutsche Version, wenn Sie an einem deutschen Gericht Klage einreichen. Ist ein Gericht im Ausland zuständig, müssten Sie das Formular in der jeweiligen Landessprache ausfüllen.

Tipp

Füllen Sie auch in diesem Fall zunächst die deutsche Version aus und wenden Sie sich an Ihr Europäisches Verbraucherzentrum, wenn Sie Probleme mit der Übersetzung haben sollten.


Was muss in das Formular A eingetragen werden?  

  • Name und Anschrift des Gerichts,
  • Ihren Namen und Ihre Anschrift,
  • Name und Anschrift des Beklagten,
  • Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit,
  • Erläuterung des grenzüberschreitenden Bezugs,
  • Ihre Bankverbindung,
  • Konkretisierung Ihrer Zahlungsforderung (unter anderem Kaufvertrag oder Mietvertrag),
  • Tragen Sie den Geldbetrag ein, den Sie von dem Antragsgegner fordern,
  • Ihre Kosten (etwa Gerichtskosten),
  • Beweismittel können, müssen aber nicht angegeben werden.


Was kostet das Europäische Mahnverfahren?

Ob und in welcher Höhe Gerichtskosten berechnet werden, regelt jeder EU-Staat für sich. In Deutschland hängt die Höhe vom Streitwert ab. Der Streitwert ist die Summe, die Sie von dem Beklagten fordern. In Deutschland werden mindestens 32 Euro berechnet. Über eine Gebührentabelle können Sie herausfinden, wie hoch Ihre Gerichtskosten sind. Beim Mahnverfahren müssen Sie nur die Hälfte der angegebenen Kosten bezahlen. Beispiele:

  • Streitwert von 2.000,00 Euro: 44,50 Euro Gerichtskosten
  • Streitwert von 110.000,00 Euro: 513,00 Euro Gerichtskosten

Hinweis: Ihre gesamten Kosten können Sie in Punkt 9 des Formulars A eintragen. Sie beantragen die Erstattung Ihrer Kosten automatisch, in dem Sie mit dem Formblatt A das Verfahren einreichen.


Was macht das Gericht?

Das Gericht prüft anhand Ihrer Angaben im Formular, ob die Voraussetzungen eines Europäischen Mahnverfahrens erfüllt sind. Weiterhin wird geprüft, ob das Formular korrekt ausgefüllt wurde. In Deutschland macht dies ein Rechtspfleger.


Das Formular wurde ordnungsgemäß ausgefüllt

Sollte es nicht direkt ersichtlich sein, dass die Forderung unbegründet ist, wird das Gericht den Antragsgegner zur Zahlung auffordern. Dies geschieht mittels eines Europäischen Zahlungsbefehls. Hierfür verwendet das Gericht das Formblatt E, das dem Antragsgegner zugestellt wird. Der Antragsgegner hat daraufhin zwei Möglichkeiten:

  1. Er zahlt Ihnen den Geldbetrag, der im Zahlungsbefehl aufgeführt ist.
     
  2. Er legt innerhalb von 30 Tagen, nachdem er den Zahlungsbefehl erhalten hat, Widerspruch ein. In diesem Fall informiert Sie das Gericht über die Folgen des Widerspruchs.


Das Formular wurde nicht ordnungsgemäß ausgefüllt

Das Gericht wird Sie unter anderem auffordern, das Formblatt zu vervollständigen oder zu korrigieren. Hierfür verwendet das Gericht das Formblatt B. Ihnen wird eine Frist gesetzt. Kommen Sie der Aufforderung nicht innerhalb dieser Frist nach, wird das Gericht Ihren Antrag zurückweisen. 


Die Voraussetzungen für ein Europäisches Mahnverfahren sind nur für einen Teil der Forderung erfüllt

Möglicherweise sind die Voraussetzungen für ein Europäisches Mahnverfahren nur für einen Teil Ihrer Forderung erfüllt, zum Beispiel, weil ein von Ihnen geforderter Teilbetrag nicht fällig ist. Dann wird Ihnen das Gericht anhand des Formblatts C vorschlagen, Ihren Antrag innerhalb einer bestimmten Frist zu ändern. Kommen Sie dieser Aufforderung nicht nach, wird das Gericht Ihren Antrag zurückweisen.


Was passiert, wenn der Beklagte nicht zahlt?

Die Frist läuft ab und der Beklagte zahlt nicht? Dann können Sie Vollstreckungsmaßnahmen (Gerichtsvollzieher, Kontopfändung etc.) einleiten. Sollte sich der Beklagte beim Gericht jedoch beschweren, dass ihm die Dokumente des Verfahrens nicht oder nicht rechtzeitig zugestellt wurden, wird dies vom Gericht geprüft. Ist die Beschwerde begründet, kann der Zahlungsbefehl für nichtig erklärt werden. 


Der Beklagte hat wirksam Einspruch eingelegt?

In diesem Fall wird das Europäische Mahnverfahren in ein „herkömmliches“ Gerichtsverfahren übergeleitet. Dabei handelt es sich dann um kein Europäisches Verfahren mehr. Es gelten dann ausschließlich die Verfahrensregeln des Staates, in dem sich das Gericht befindet.

Tipp

Wenn Sie von Anfang an ausschließen wollen, dass nach einem Einspruch ein „herkömmliches“ Gerichtsverfahren durchgeführt wird, müssen Sie das schon beim Ausfüllen des Formblatts A beantragen, und zwar in der Anlage 2.

3.2. Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen (ESCP)

Viele Namen für eine Möglichkeit, Geldforderungen und andere Ansprüche bis 5.000 Euro gegen Unternehmer aus dem EU-Ausland kostengünstig einzuklagen.

Ihre Vorteile bei der Einleitung eines Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen (ESCP):

  • Ein Rechtsanwalt ist nicht notwendig.
  • Wenn Ihr Antrag Erolg hat, trägt Ihr Beschwerdegegner die Verfahrenskosten.
  • Für die Einleitung des Verfahrens müssen Sie nur auf der Internetseite des Europäischen Justizportals das Formblatt A ausfüllen.


Wann kommt das Verfahren für Sie in Frage?

Bei einigen Streitigkeiten (zum Beispiel bei Steuer-, Zoll-, Verwaltungs- und Unterhaltssachen) können Sie es nicht anwenden.

Damit Sie das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen anwenden können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.


1. Grenzüberschreitender Rechtsstreit

Ihr Wohnsitz und/oder der Wohnsitz des Beklagten befindet sich in einem anderen EU-Mitgliedstaat (außer Dänemark) als das Gericht, bei dem Sie das Verfahren einleiten.


2. Zivil- oder handelsrechtliche Streitigkeit

Typische zivilrechtliche Streitigkeiten sind:  

  • Sie fordern die Lieferung des bestellten und bezahlten, aber bislang nicht gelieferten Produkts.
  • Sie fordern die Reparatur oder den Austausch eines defekten Produkts.
  • Sie fordern die Rückzahlung Ihrer Anzahlung nach einem Online-Kauf.
  • Sie fordern Schadensersatz wegen der Lieferung defekter Ware.
  • Sie fordern eine Entschädigung von einer Airline wegen einer Flugannullierung.


Wo kann ich es einleiten?

Grundsätzlich gilt, dass Sie Ihren Antragsgegner in dem Staat verklagen müssen, in dem dieser wohnt. Es gibt allerdings Ausnahmen. Bei diesen können Sie in vielen Fällen auch in Deutschland klagen, so zum Beispiel:

  • Sie haben Ware über das Internet bestellt: Wenn der ausländische Händler eine deutsche Internetseite betreibt oder die Internetseite über eine deutsche oder internationale Domain wie „com“, „net“ oder „de“ verfügt, können Sie auch am Amtsgericht Ihres Wohnortes Klage einreichen.
  • Sie fordern Geld von einer Airline: Wenn Sie eine europäische Airline verklagen, können Sie das Verfahren alternativ an dem zuständigen Gericht einleiten, in dessen Bezirk sich der Abflug- oder der Ankunftsflughafen befinden.
  • Sie fordern Geld von Ihrem Vermieter: In diesem Fall ist ausschließlich das Gericht in dem Staat zuständig, in dessen Bezirk sich die Immobilie befindet.
  • Sie fordern Geld von Ihrer ausländischen Versicherung: In diesem Fall können Sie die Versicherung auch am Amtsgericht Ihres Wohnortes verklagen.

Alle örtlich zuständigen Gerichte in der EU finden Sie außerdem über den europäischen Gerichtsatlas.

Tipp

Das zuständige Amtsgericht Ihres Wohnortes finden Sie über das Justizportal des Bundes und der Länder.

Für das Verfahren sieht das Gesetz ein Formblatt A vor, das Sie ausfüllen müssen.


Was gehört in das Formblatt A?

Wählen Sie den Unterordner „Dynamische Formulare“ und dort die Verfahrensart „geringfügige Forderungen“. Der Online-Versand des Formulars ist leider noch nicht möglich.

Öffnen Sie am besten die PDF-Datei und füllen Sie diese an Ihrem PC aus. Drucken Sie das ausgefüllte Formular aus und schicken Sie es unterschrieben und mit allen notwendigen Anhängen an das zuständige Gericht.

In das Formblatt A müssen Sie folgendes eintragen:

  • Name und Anschrift des Gerichts,
  • Ihren Namen und Ihre Anschrift,
  • Name und Anschrift des Beklagten,
  • Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit,
  • Erläuterung des grenzüberschreitenden Bezugs,
  • Ihre Bankverbindung,
  • genaue Angaben, was Sie vom Beklagten verlangen,
  • Sachverhaltsschilderung,
  • Beantragung des Formblatts D. Dieses benötigen Sie bei einer eventuell notwendigen Vollstreckung des Urteils im EU-Ausland.

Hinweis: Wie Sie das Formblatt A ausfüllen, erklärt unser Video zum Verfahren Schritt für Schritt.


In welcher Sprache ist das Formblatt auszufüllen?

Das hängt davon ab, an welches Gericht Sie das Formular versenden. Verwenden Sie die deutsche Version, wenn Sie an einem deutschen Gericht Klage einreichen.

Ist ein Gericht im Ausland zuständig, müssten Sie das Formular in der jeweiligen Landessprache ausfüllen.

Tipp

Füllen Sie auch in diesem Fall zunächst die deutsche Version aus und wenden Sie sich an Ihr Europäisches Verbraucherzentrum, wenn Sie Probleme mit der Übersetzung haben sollten.


Die Kosten für das Small Claims Verfahren

Die Höhe der Gerichtsgebühren ist von Land zu Land unterschiedlich. In Deutschland hängt die Höhe der Gerichtskosten von dem Streitwert ab.

Der Streitwert ist, wie viel Sie von dem Beklagten fordern. In Deutschland werden mindestens 114,00 Euro und höchstens 483,00 Euro berechnet: 

  • Streitwert bis 500 Euro: 114 Euro
  • Streitwert bis 1.000 Euro: 174 Euro
  • Streitwert bis 1.500 Euro: 234 Euro
  • Streitwert bis 2.000 Euro: 294 Euro
  • Streitwert bis 3.000 Euro: 357 Euro
  • Streitwert bis 4.000 Euro: 420 Euro
  • Streitwert bis 5.000 Euro: 483 Euro

Tipp

Kreuzen Sie den Punkt 7.3.1 im Formular an. Damit fordern Sie die Erstattung der Verfahrenskosten vom Beklagten, sofern Sie den Prozess gewinnen. Im Punkt 7.3.3. müssten Sie die Höhe der Kosten sowie den Begriff „Gerichtskosten“ eintragen.

Sollten Ihnen weitere Kosten entstanden sein, wie für die Übersetzung von Dokumenten, können Sie dies ebenfalls unter Punkt 7.3.3 angeben.


Was macht das Gericht im Anschluss?

Das Gericht fordert den Beklagten auf, Stellung zu dem Fall zu nehmen. Hierfür wird das Formblatt C verwendet. Der Beklagte hat daraufhin 30 Tage Zeit zur Abgabe einer Stellungnahme.

Hierfür muss er den zweiten Teil des Formblatts C verwenden. Lässt der Beklagte die Frist ungenutzt verstreichen, urteilt das Gericht in der Sache.

Ist Ihre Forderung begründet, gewinnen Sie den Prozess.

Andernfalls weist das Gericht Ihre Klage zurück. Nimmt der Beklagte innerhalb der Frist in der Sache Stellung, lässt Ihnen das Gericht hiervon eine Kopie zukommen und führt, falls erforderlich, eine Beweisaufnahme durch.

Dabei kommen folgende Möglichkeiten in Betracht:

  • Schriftliche Zeugenaussagen,
  • schriftliche Aussagen von Sachverständigen,
  • schriftliche Parteivernehmung,
  • Beweisaufnahme über eine Videokonferenz,
  • es ist nicht ausgeschlossen, dass eine mündliche Verhandlung in den Räumlichkeiten des Gerichts anberaumt wird.

Wenn Sie das Formular nicht richtig ausgefüllt haben

In diesem Fall wird Sie das Gericht unter anderem auffordern, das Formblatt zu vervollständigen, zu  korrigieren, weitere Angaben zu machen oder Unterlagen vorzulegen.

Hierfür verwendet das Gericht das Formblatt B. Außerdem setzt Ihnen das Gericht eine Frist.

Kommen Sie der Aufforderung nicht innerhalb dieser Frist nach, wird das Gericht Ihre Klage abweisen, wenn es Sie vorab über diese Folge informiert hat.


Der Beklagte ignoriert das Urteil?

Der Beklagte zahlt nicht oder verweigert die Warenlieferung, obwohl Sie den Prozess gewonnen haben?

In dem Fall sollten Sie bei dem Gericht das Formblatt D beantragen und sich zum Beispiel an einen Gerichtsvollzieher in dem Staat wenden, in dem Sie das Urteil vollstrecken lassen wollen.

Reichen Sie dort eine Ausfertigung des Urteils sowie das Formblatt D ein (gegebenenfalls mit einer Übersetzung des Dokuments in der Amtssprache des Staates).

Hinweis

Der Beklagte kann in bestimmten Fällen die Überprüfung des Urteils verlangen, insbesondere bei bestimmten Fehlern im Kontext der Zustellung der Dokumente, aber auch, wenn der Beklagte wegen höherer Gewalt nicht in der Lage war, die vom Gericht gesetzte Frist einzuhalten.

Darüber hinaus regelt jeder Mitgliedstaat, ob Rechtsmittel gegen das Urteil - wie etwa die Berufung - eingelegt werden können.

4. Die Schlichtungsverfahren bei Streitigkeiten mit Ihrem Dienstleister

Eine weitere Alternative zu einem in der Regel teuren gerichtlichen Verfahren bietet die Schlichtung. Bei der Schlichtung wird versucht, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Das Ergebnis kann eine verbindliche Entscheidung, ein Einigungsvorschlag oder ein Vergleich sein. Eine anschließende Klage bei Abbruch oder Erfolglosigkeit des Schlichtungsverfahrens bleibt auch in diesem Fall weiterhin möglich. Die Mehrzahl der Schlichtungsverfahren endet jedoch mit einer einvernehmlichen Lösung. Die Verfahren werden oft online durchgeführt und sind auch deshalb gegenüber einem Gerichtsverfahren regelmäßig kostengünstiger (manchmal auch kostenlos) und mit geringerem Zeitaufwand durchführbar. In Europa sind mehrere hundert Einrichtungen als neutrale Schlichtungsstellen tätig, darunter viele sogenannte notifizierte Schlichtungsstellen. Das sind Stellen, die einheitlich gewisse Mindestgarantien der Europäischen Kommission erfüllen. Wurde der Vertrag im Internet geschlossen, können Sie die Europäische Plattform für Online-Streitbeilegung nutzen, um Kontakt mit der richtigen Schlichtungsstelle aufzunehmen. Die Kontaktstelle für Online-Streitbeilegung unterstützt Sie auch bei Schlichtungsverfahren und hilft unter anderem bei der Auswahl einer passenden Schlichtungsstelle.

5. Die gerichtliche Rechtsdurchsetzung

Sie können als Verbraucherin oder Verbraucher Ihre Rechte auch selbst durch eine Klage bei Gericht durchsetzen. Dazu müssen Sie zunächst ermitteln, in welchem Land geklagt werden kann. Diese sogenannte internationale Zuständigkeit bestimmt sich für die Mitgliedstaaten der EU nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Im Folgenden werden die wesentlichen Grundsätze der gerichtlichen Zuständigkeit bei der individuellen Rechtsdurchsetzung dargestellt. Jeder Einzelfall ist jedoch anders gelagert und kann unterschiedliche Konsequenzen für die Rechtsverfolgung haben. Im Zweifel sollten Sie sich von einem Fachanwalt beraten lassen.

Grundsatz: Geklagt wird im Land des Beklagten

Im Allgemeinen muss in dem Land geklagt werden, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat. Maßgeblich ist der Wohnsitz, nicht die Staatsangehörigkeit. Das bedeutet, dass Sie den Dienstleister oft im fremden Land verklagen müssen. Der Dienstleister wiederum muss nach den allgemeinen Regeln im Land des Verbrauchers klagen, zum Beispiel, wenn er ausstehende Zahlungen einfordern will. Die EU-Verordnung sieht jedoch verschiedene weitere Orte vor, an denen auch geklagt werden kann. So kann auch in dem Land geklagt werden, in dem die Dienstleistung erbracht wurde oder erbracht werden sollte. Sie können unter anderem bei Streitigkeiten über Handwerksarbeiten im Land Ihres Wohnsitzes klagen, wenn die Arbeiten bei Ihnen zu Hause durchgeführt wurden.

6. Besonderheiten bei bestimmten Verbraucherverträgen

Nach der EU-Verordnung werden Sie als Verbraucherin oder Verbraucher bei bestimmten Vertragstypen mit Unternehmern besonders geschützt. Dies ist unter anderem der Fall bei Streitigkeiten, die einen Beförderungsvertrag im Kontext eines Pauschalreiseangebots betreffen. Sie können in einem solchen Fall unter bestimmten Voraussetzungen frei wählen, ob sie an Ihrem Wohnsitz oder beispielsweise am Wohnsitz des Dienstleisters klagen wollen. Dafür muss der Dienstleister allerdings eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit im Land Ihres Wohnsitzes ausüben oder wenigstens diese Tätigkeit auf dieses Land ausrichten. Dies ist bereits der Fall, wenn die Dienstleistung über eine Webseite angeboten wird. Anhaltspunkte sind etwa die Verwendung anderer Sprachen, Internet-Domains oder Währungen auf der Homepage des Dienstleisters. Dies wäre etwa der Fall, wenn Sie online eine Pauschalreise bei einem französischen Reisebüro buchen, dessen Webseite in deutscher Sprache formuliert ist. Wenn Sie also Probleme mit Ihrem in Frankreich reparierten Kfz haben, dann können Sie in Deutschland klagen, wenn der Dienstleister durch Prospekte oder sonstige Werbung gezielt Verbraucher:innen aus Deutschland anspricht. Dies gilt selbst dann, wenn der Unternehmer in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen vorsieht, dass bei Streitigkeiten in seinem Land geklagt werden muss. Wurde die Reparatur aber während eines Urlaubs nötig und in einer Werkstatt durchgeführt, die nur auf Kunden aus Frankreich ausgerichtet ist, müssen Sie in Frankreich klagen. Das Verfahren richtet sich dann nach den allgemeinen französischen Regelungen.

II. Kollektive Rechtsdurchsetzung

Wann liegt ein Fall der kollektiven Rechtsdurchsetzung vor? Wenn Sie  z.B. von einem Callcenter mit Sitz im EU-Ausland wiederholt angerufen werden, um Sie zum Abschluss eines neuen Handyvertrags drängt. Oder: Ein Anbieter wirbt auf seiner Webseite mit Schnäppchen-Flügen für einen Euro - am Ende kostet der Flug doch viel mehr. Ein Unternehmen richtet eine Webseite in deutscher Sprache an deutsche Verbraucher, mit dem Angebot, vermeintlich kostenfrei Rezepte herunterzuladen. Tatsächlich steht im "Kleingedruckten" aber, dass der Nutzer mit dem Herunterladen ein kostenpflichtiges Abonnement abschließt (sogenannte Abo-Fallen). Manch ein Verbraucher mag in solchen Fällen kein eigenes Verfahren anstrengen, etwa weil er die Kosten und den Zeitaufwand eines Gerichtsverfahrens nicht auf sich nehmen will. So könnten Verstöße gegen Verbraucherrechte weiter bestehen und zur Beeinträchtigung von Verbraucherinteressen im Allgemeinen führen. Rechtsdurchsetzung im kollektiven Verbraucherinteresse soll das Marktgleichgewicht wiederherstellen und erlaubt bestimmten Einrichtungen, im Interesse einer Vielzahl (möglicher) geschädigter Verbraucher gegen unlauter handelnde Unternehmen vorzugehen.

1. Das CPC-Netzwerk

CPC bedeutet Consumer Protection Cooperation und bezeichnet ein europäisches Behördennetzwerk für die Zusammenarbeit bei der Rechtsdurchsetzung von Verbraucherrechten. Bei möglichen Verstößen gegen bestimmte Verbraucherrechte kann es daher sinnvoll sein, den Fall der zuständigen Behörde im sogenannten CPC-Netzwerk zu schildern. Innerhalb dieses behördlichen Systems zur Durchsetzung von Verbraucherrechten werden europaweit die jeweils national zuständigen Behörden aktiv, wenn bestimmte Interessen einer Vielzahl von Verbrauchern eines europäischen Staats durch ein Unternehmen eines anderen europäischen Landes verletzt oder gefährdet werden. Als Verbraucher profitieren Sie als Teil der Allgemeinheit von der Abstellung von Verstößen, Sie können jedoch im Rahmen des CPC selbst keine Entschädigung verlangen.

2. Das BMJV: Die zentrale Verbindungsstelle für das CPC-Netzwerk in Deutschland

In Deutschland wirken je nach Art des Verstoßes verschiedene Einrichtungen an der europaweiten Durchsetzung von Verbraucherrechten mit.

Es leitet entsprechende Ersuchen aus dem EU-Ausland an hiesige zuständige Behörden weiter und gibt andererseits Ersuchen an die Verbindungsstelle im jeweiligen EU-Ausland weiter.

Wenn Verbraucherschutzgesetze aus dem Anhang der CPC-Verordnung grenzüberschreitend durchgesetzt werden sollen, wird das BMJV zudem als zuständige Behörde aktiv.

Beispielsweise bei unlauteren Geschäftspraktiken oder missbräuchlichen Klauseln in Verbraucherverträgen kontaktiert das Ministerium die entsprechende ausländische Schwesterbehörde mit der Aufforderung, durch geeignete Maßnahmen den Verstoß des Unternehmens abzustellen.

3. Zum CPC-Netzwerk gehörende Institutionen in Deutschland

Neben dem BMJV sind auch das Luftfahrt-Bundesamt, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, das Eisenbahn-Bundesamt und verschiedene Landesbehörden beteiligt. Außerdem spielen in Deutschland private Einrichtungen eine große Rolle, wie der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. und die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. Sie werden vorrangig vom BMJV beauftragt, wenn im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher aus anderen europäischen Staaten gegen deutsche Unternehmen vorgegangen werden soll. In Deutschland nimmt das Justizministerium Hinweise auf ein widerrechtliches Verhalten ausländischer Dienstleister im Rahmen der Zuständigkeit nach der CPC-Verordnung gerne entgegen, wenn dieses viele Verbraucher in Deutschland schädigen könnte. Hierbei können ausschließlich Verstöße gegen die Rechtsakte, die im Anhang der CPC-Verordnung stehen, geltend gemacht werden (Wettbewerbsverstöße oder Verstöße gegen das AGB-Recht). Das Ministerium koordiniert das Vorgehen mit den ausländischen Behörden, um die Rechtsverletzung durch den Dienstleister abzustellen. Das BMJV ist jedoch nicht für die individuellen Streitigkeiten der Verbraucher zuständig. In diesen Fällen helfen die Verbraucherzentralen. In einem Fall mit grenzüberschreitendem Sachverhalt innerhalb der EU ist das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland Ihr Ansprechpartner.

4. Weitere Möglichkeiten der kollektiven Rechtsdurchsetzung

4.1. Die Verbandsklage

In Deutschland sind unter anderem Verbraucherverbände nach dem Unterlassungsklagengesetz ausdrücklich berechtigt, gegen Verbraucherrechtsverstöße von deutschen Unternehmen vorzugehen und das Unterlassen der gesetzeswidrigen Praktiken zu erwirken. Allerdings können sich auch Verstöße in einem Land auswirken, die von Unternehmen aus dem Ausland ausgehen. In einem solchen Fall können in Europa sogenannte qualifizierte Einrichtungen auch außerhalb ihres Landes gegen bestimmte Verstöße vorgehen. Das heißt für Deutschland im Fall des aufdringlichen Callcenters oder des Anbieters vermeintlicher "Schnäppchen-Flüge": Stellt dieses Verhalten einen Verstoß gegen Verbraucherrechte dar, kann eine deutsche Verbraucherzentrale vor den zuständigen Gerichten im Land des Unternehmens Klage einreichen. In der Praxis werden grenzüberschreitende Verbraucherrechtsverstöße allerdings vorrangig im Rahmen des CPC-Netzwerks verfolgt und abgestellt.

 

4.2. Die Musterfestellungsklage

Manche Verbände und Vereine können für eine Gruppe von betroffenen Verbrauchern klagen. Solche Verbände sind etwa die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. und die Verbraucherzentralen der einzelnen Bundesländer. Das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz führt keine Musterfeststellungsklagen. Das in einem Musterfeststellungsverfahren ergangene Urteil ist eine Art Wegweiser für die Klagen der konkret betroffenen Verbraucher. Damit Sie das Urteil als Vorbild für Ihren Prozess nutzen können, müssen Sie sich vorab in einem dazu angelegten Klageregister anmelden. Die Musterfeststellungsklage ersetzt nicht die Klagen der einzelnen Verbraucher. Trotzdem bietet Ihnen das Urteil in einem Musterfeststellungsverfahren eine gewisse Sicherheit, dass in Ihrem eigenen Prozess, ein ähnliches Urteil ergehen könnte.

Finanziert durch die Europäische Union. Die geäußerten Ansichten und Meinungen sind jedoch ausschließlich die des Autors / der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Union oder des Europäischen Innovationsrates und der Exekutivagentur für kleine und mittlere Unternehmen (EISMEA) wider. Weder die Europäische Union noch die Bewilligungsbehörde können dafür zur Verantwortung gezogen werden.